Ein altes, historisches Gebäude mit abblätternder Fassade, umgeben von Bäumen und einem offenen Hof.
Bei der energetischen Sanierung des Ritterguts Edelhof sollen auf andere Denkmäler übertragbare innovative Technologien entwickelt und getestet werden. (Quelle: Harald Garrecht)

Anlagentechnik 2025-09-18T07:14:28.992Z Wo Klima- und Denkmalschutz zusammenpassen

Am Rittergut Edelhof in Gröningen (Sachsen-Anhalt) aus dem 17. Jahrhundert soll gezeigt werden, wie Photovoltaik, Solarthermie, Hochleistungsdämmputz, Wärmetauscher, Wärmepumpe und Speicher denkmalgerecht verbaut werden können. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Projekt mit 300.000 Euro.

Rund ein Drittel der Baudenkmäler in Deutschland sind laut Umweltbundesamt in der Erhaltung gefährdet oder dringend sanierungsbedürftig. „Wir müssen mit dem Mythos aufräumen, dass Denkmal- und Klimaschutz sich konterkarieren“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Beides kann mit innovativen Methoden zusammengebracht werden und profitiert sogar voneinander.“ 

Eine Weiternutzung von Denkmälern vermeide Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase (THG), die nach Nutzungsende durch Neubauprojekte entstehen würden. „Für den gesamten Gebäudebereich gilt: Die Umstellung auf erneuerbare Energien wie Photovoltaik, eine innovative Dämmung und Wärmepumpen ist wegen der zu erwartenden Kostensteigerung fossiler Energieträger auch im Sinne einer sozialverträglichen Wohnungsvermietung.“ Damit ein durch historische Gebäude geprägtes Stadtbild erhalten bleibe, seien architektonisch und gestalterisch anspruchsvolle Konzepte gefragt. 

Wie dies gelingen könnte, soll das im Oktober startende Projekt am Rittergut Edelhof zeigen. Dort werden auf andere Denkmäler übertragbare innovative Technologien entwickelt und getestet. Das Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg führt die ressourcenschonende Restaurierung in Seminaren durch und plant im Forschungsteam die Umsetzung im Denkmalbau. Mehrere kleine und mittlere Unternehmen beteiligen sich an Entwicklung, Anpassung und Erprobung der Innovationen. Das Rittergut ist seit den 1990er-Jahren nicht mehr bewohnt. 

Dachintegrierte Photovoltaik-Module 

In das Vorhaben fließen Erfahrungen aus der denkmalgerechten energetischen Sanierung der Gartenstadt Margarethenhöhe in Essen, einem Denkmal von europäischem Rang, und der zum Unesco-Weltkulturerbe gehörenden Speicherstadt Hamburg ein. Maßgeblich an Konzeption und Planung beteiligt ist Prof. Dr. Harald Garrecht von der Universität Stuttgart: „In allen drei Projekten wollen wir eine ganzheitliche Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien lokal am Gebäude umsetzen.“ 

Eine Schlüsselkomponente sei die Dachfläche, über die mehr Energie für die Wärmeversorgung gewonnen werden kann als üblich. Aus Denkmalschutzgründen sind laut Garrecht „für die elektrische und thermische Energiegewinnung dachintegrierte Systeme entwickelt worden, die sich optisch nicht von den anderen Dachflächen der Gebäude unterscheiden“. Bei den Wohngebäuden der Margarethenhöhe kamen in die Dachsteine integrierte Photovoltaik-Module zum Einsatz, bei der Speicherstadt der Einbau in Kupfer- und Schiefernachbildungen. 

„Um auch beim Rittergut Edelhof in Gröningen die baukulturellen Besonderheiten zu bewahren, werden PV-Module Teile der historischen Linkskremper“, so Garrecht. Die Linkskremper sind Tondachziegel mit tütenförmiger Auswölbung auf der linken Seite, die ab dem 11. Jahrhundert auf Kirchendächern in Sachsen-Anhalt und Hessen eingedeckt wurden. Zudem sollen die Dachflächen mit Wärmetauschern für die Gewinnung der Umweltwärme ausgestattet – wie bei der Speicherstadt. 

Hochleistungsdämmputz aus Lehm 

Eine zweite Schlüsselkomponente beim Rittergut ist die Dämmung durch einen neuen Aerogel-Lehmputz mit Naturfasern. „Dieser Hochleistungsdämmschutz reduziert den Wärmeverlust um etwa die Hälfte bei einer Dicke von nur drei bis vier Zentimetern“, erklärt Garrecht. Die oft schon kleinen Innenräume würden so nicht viel Volumen verlieren. 

„Eine im Lehmputz eingebaute Wandheizung verbessert aufgrund ihrer großen Fläche die Energieeffizienz – eine Ergänzung im Vergleich zur Margarethenhöhe und zur Speicherstadt.“ Zusammen mit innovativen Wasser-Eis- und Betonspeichern sowie Wärmepumpen, die bei einer maximalen Vorlauftemperatur von 35 Grad Celsius laufen, erreicht das System in Hamburg etwa eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von 5,5 bis 6 – ab einer JAZ von 3,5 aufwärts gilt eine Wärmepumpe als ausreichend effizient. „Beim Rittergut Edelhof wollen wir das technisch mögliche Maximum erzielen“, betont Garrecht. 

Die 3.474 Einwohner zählende Stadt Gröningen in Sachsen-Anhalt möchte sich als Vorzeigestandort für energetische Altbauquartiere etablieren. Sie weist eine mehr als 1.000-jährige Geschichte auf und ist reich an denkmalgeschützten Gebäuden. Weitere Informationen über die Sanierung des Ritterguts >>>

zuletzt editiert am 18. September 2025