Rissmarker
Gipsmarken sind eine kostengünstige und einfache Methode, das Verhalten von Rissen zu überprüfen. Zeichnen sich Risse wieder in der Marke ab, ist mit ständigen Bewegungen im Rissbereich zu rechnen. (Abb.: Baumit)

Bauwerkserhaltung 2014-08-15T00:00:00Z Wenn die Verbindung unterbrochen ist

Risse lassen sich dauerhaft sanieren; wenn man ihre Ursache ermittelt und beseitigt. Je nach Art der Risse stehen verschiedene Sanierungsverfahren zur Verfügung. Sie reichen vom Austausch der betroffenen Mauerwerksbereiche über den Einbau von Spiralankern bis hin zu Injektionsverfahren. Handelt es sich lediglich um oberflächliche Risse, kann auch eine Überarbeitung der Risse oder der betroffenen Fassadenbereiche mit Putz- und Anstrichsystemen ausreichen.

Risse in Fassaden sind nicht zu vermeiden und lassen sich praktisch an jedem Haus entdecken. Man könnte daher annehmen, dass man sich diesem Thema „entspannt“ nähern kann. Doch weit gefehlt: Über Risse geraten Bauherren und Bauausführende zunehmend in Streit. Denn Risse alarmieren die Eigentümer, die den Bestand ihrer Immobilie gefährdet sehen und sehr sensibel reagieren. Und tatsächlich sollte man Risse nicht bagatellisieren, da sie die Gefahr weiterer Schäden anzeigen können. Es ist daher genau zu unterscheiden, welche Risse als unproblematisch ad acta gelegt werden, welche saniert werden müssen und welche vielleicht tiefer greifende Mängel aufzeigen und umfangreichere Maßnahmen erforderlich machen. Um diese Unterscheidung treffen zu können, ist zu untersuchen, welche Einflüsse die Risse verursacht haben. Nur auf Basis einer umfassenden Zustandsanalyse kann man ein schlüssiges Sanierungskonzept ausarbeiten: Im einfachsten Fall reicht ein neuer Anstrich mit einer rissüberbrückenden oder -füllenden Beschichtung, in anderen Fällen ist eine Putzüberarbeitung oder gar eine Ertüchtigung des Mauerwerks notwendig.

Vor der Sanierung steht die Voruntersuchung

Sind Risse in der Fassade vorhanden, müssen sie hinsichtlich des Schadensbilds und der Schadensursachen analysiert und beurteilt werden. Um sich einen umfassenden Überblick zu verschaffen, sollten folgende Punkte geklärt und in das Sanierungskonzept eingebunden werden:

❚ Art und Beschaffenheit alter Farbanstriche erfassen,

❚ Art und Beschaffenheit des Altputzes (Festigkeit, Hohlstellen) feststellen,

❚ Risse charakterisieren, zum Beispiel Rissweiten und -längen, statische oder dynamische Risse, konstruktiv bedingte Risse,

❚ klären, ob Belange der Denkmalpflege zu berücksichtigen sind.

Die Methoden zur Risssanierung und die Materialwahl richten sich in erster Linie nach den Risseigenschaften und der Rissursache. Eine wertvolle Hilfestellung zur Analyse liefern die folgenden Richtlinien und Merkblätter:

❚ WTA-Merkblatt 2-04-08/D Beurteilung und Instandsetzung gerissener Putze an Fassaden [1],

❚ BFS-Merkblatt Nr. 19 Risse in Außenputzen – Beschichtung und Armierung [2],

❚ BFS-Merkblatt Nr. 19.1 Risse in unverputztem und verputzem Mauerwerk, in Gipskartonplatten und ähnlichen Stoffen auf Unterkonstruktionen, Ursachen und Bearbeitungsmöglichkeiten [3].

Anhand der hierin gezeigten Beispiele lassen sich relativ leicht Rückschlüsse auf die speziellen Eigenheiten vor Ort ziehen. Mithilfe der dort in Grafiken und Fotos dargestellten Rissverläufe kann man auch dem technisch nicht versierten Bauherrn veranschaulichen, dass das vorliegende Schadensbild nicht die von ihm vermutete Ursache haben kann oder dass mehrere Ursachen für die Risse infrage kommen können und deshalb eine intensivere Untersuchung notwendig ist – eventuell unter Hinzuziehung eines Sachverständigen.

Sanierung kann Dämmmaßnahmen zur Folge haben

Auch wenn die Risssanierung nicht unbedingt mit einem großen Eingriff in die Bausubstanz einhergehen muss, kann es trotzdem durch Hohllagen in angrenzenden Bereichen notwendig werden, größere Putzflächen zu erneuern. Wird aber je Gebäudeseite mehr als zehn Prozent der Altputzfläche abgenommen, können die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) zusätzliche Dämmmaßnahmen notwendig machen.

Da Wärmedämm-Verbundsysteme sehr gute rissüberbrückende Eigenschaften haben, kann es speziell bei einer Vielzahl von Rissen auch aus ökonomischen Gründen sinnvoll sein, die Fassadenüberarbeitung zur Risssanierung direkt mit einer energetischen Sanierung zu verbinden. Zudem werden die Temperaturänderungen im Untergrund egalisiert, so dass es zu geringeren thermischen Längenänderungen kommt.

Mauerwerksrisse können verschiedene Ursachen haben

Risse im Mauerwerk können verschiedene Ursachen haben, unter anderem Schwind und Kriechbewegungen, Setzungen oder Erschütterungen. Sie zeigen sich in den Wandflächen und besonders oft auch in der Nähe von Schwachstellen, zum Beispiel in Sturzbereichen über Fenstern oder Durchgängen. Hier muss nachhaltig ergründet werden, ob es sich um ruhende oder baudynamische Risse handelt. Als Hilfsmittel für solche Untersuchungen können Rissmonitore, Gipsmarken oder – für genauere Untersuchungen – induktive Wegaufnehmer verwendet werden, die die Bewegungen über einen längeren Zeitraum aufzeichnen.

Für die einfachste Methode zur Rissüberwachung werden Gipsmarken verwendet: Über dem Riss wird ein circa 10 cm breiter und 3 bis 5 mm dicker Gipsstreifen angebracht. Dabei ist darauf zu achten, dass die Gipsmarke gut am Untergrund haftet. Neue, wasserabweisende Anstriche müssen daher zuvor entfernt und glatte Untergründe aufgeraut werden. Sollte es nach dem Auftragen der Gipsmarke noch zu Bewegungen im Mauerwerk kommen, ist dies leicht und ohne großen Aufwand oder Hilfsmittel an der gerissenen Marke zu erkennen.

Der Zeitraum für die Rissbeobachtung ist so zu wählen, dass möglichst alle klimatischen Begebenheiten sowie die komplette Spannbreite der Innen- und Außentemperaturen mit großer Sicherheit abgeschätzt werden können[3]. So lassen sich alle Faktoren für die Rissursache erfassen. Ein Überwachungszeitraum von mindestens vier Wochen ist notwendig, um beurteilen zu können, ob es sich um einen ruhenden oder einen baudynamischen Riss handelt.

Mit Spiralankern Mauerwerksrisse sanieren

Reichen die Risse bis ins tragende Mauerwerk, ist der kraftschlüssige Verbund unterbrochen. Allein schon die üblichen Temperaturunterschiede reichen dann aus, ständige Bewegungen im Mauerwerk hervorzurufen. Für eine fachgerechte Mauerwerkssanierung ist der statisch wirksame Verbund wiederherzustellen. Hierfür muss die vorhandene Altsubstanz geöffnet werden.

Im Prinzip kommen zwei Sanierungsverfahren infrage: Die betroffenen Mauerwerksteile können entweder komplett ausgetauscht werden, oder voneinander getrennte Mauerwerksteile werden wieder kraftschlüssig mit Spiralankersystemen verbunden. Sie können dann wieder thermische Längenausdehnungen des Mauerwerks abfangen. Letzteres Verfahren hat den Vorteil, dass der Bestand weitgehend erhalten werden kann, was gerade bei denkmalgeschützten Gebäuden gefordert ist.

Spiralanker (nach EN 845-1:2003 + A1:2008 Festlegungen für Ergänzungsbauteile für Mauerwerk – Teil 1: Maueranker, Zugbänder, Auflager und Konsolen) sind allerdings nicht in der Lage, statische Aufgaben zu übernehmen. Aus diesem Grund müssen zuvor die Rissursachen beseitigt und sichergestellt werden, dass es zu keinen größeren Verformungen mehr kommen kann. Ursachen für Mauerwerksrisse können zum Beispiel Setzungen durch Änderung des Grundwasserspiegels, Aushebung einer benachbarten Baugrube oder Geländesetzungen sein.

Spiralankersysteme bestehen aus den Spiralankern selbst und speziellen Mörteln. Sie werden vorzugsweise in die Mauerwerksfugen eingebaut. Die Spiralanker sind aus rostfreiem Edelstahl, so dass keine zusätzlichen Maßnahmen gegen Korrosion zu treffen sind.

Vor der Sanierung sollte man einen Tragwerksplaner oder Statiker hinzuziehen, um mit ihm die Art und Anzahl der Spiralanker sowie die weiteren Maßnahmen festzulegen, zum Beispiel die Lage sowie die Schlitzlänge und -tiefe. Bei Schlitztiefen ab 30 Millimetern ist außerdem ein Standsicherheitsnachweis erforderlich.

Spiralanker werden mit verschiedenen Nenndurchmessern angeboten. Die zu wählende Dicke richtet sich danach, welche Dehnlängen im Mauerwerk auftreten beziehungsweise abgefangen werden müssen. Für eine Beanspruchung der Spiralanker auf Zugkräfte kommen in der Regel Nenndurchmesser von 8 oder 10 Millimetern zum Einsatz. Hierbei kann nicht auf übliche Armierungseisen mit gleichem Durchmesser zurückgegriffen werden, da diese andere Eigenschaften als die Spiralanker haben. Spiralanker reagieren bei Zugbelastungen elastischer, so dass Kräfte besser aufgenommen werden können und sich die Gefahr einer erneuten Rissbildung nach dem Einbau der Anker deutlich verringert.

Um die Spiralanker einzubauen, werden in der Regel nur 20 bis 80 Zentimeter lange Schlitze im Bereich der Lagerfugen ausgeräumt. Abhängig ist dies von den Eigenschaften des Mauerwerks, der zu erwartenden Dehnung und der verwendeten Spiralanker.

Dieser Beitrag ist Teil eines Artikels aus B+B BAUEN IM BESTAND, Ausgabe 4. 2013

Autoren: Olaf Janotte und Stefan Walla

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zuletzt editiert am 09. April 2021