Um sicherzustellen, dass der Bauablauf absolut reibungslos verläuft, führte das ausführende Unternehmen zahlreiche Vorversuche durch.
Um sicherzustellen, dass der Bauablauf absolut reibungslos verläuft, führte das ausführende Unternehmen zahlreiche Vorversuche durch. (Quelle: Georg Reisch GmbH & Co. KG)

Nachhaltigkeit 2024-03-28T09:45:00Z Thema des Monats: Weniger Beton, mehr Klimaschutz

Derzeit entsteht im süddeutschen Wangen ein Quartier, das in zweifacher Hinsicht Vorbild sein will: mit seinem Nutzungskonzept und seiner Bauweise. Das Nutzungskonzept sieht generationenübergreifendes Wohnen vor, die Bauweise ist konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet: Das ausführende Unternehmen, die Georg Reisch GmbH & Co. KG, setzt auf eine Hybridbauweise, recycelten Beton und Carbon-Bewehrung.

Auf dem Areal einer ehemaligen Pflegeschule entsteht das Vinzenz-Quartier mit 122 Wohneinheiten, die sich auf sechs Gebäude verteilen. Das Besondere daran ist, dass es mehrere Generationen miteinander verbinden soll. Daher sind drei der Häuser auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet. Diese Immobilien umfassen 63 Wohnungen in einer Größe zwischen 33 und 69 Quadratmeter. Bauherr ist die Vinzenz von Paul gGmbH. Sie legt großen Wert darauf, dass die Bewohner des Gebäudes so lange wie möglich selbstständig bleiben, und stattet deshalb die Apartments mit technischen Hilfen wie einem Sturzradar oder einer eingebauten Herdsicherung aus. 

Die drei anderen Häuser sind Singles, Paaren und Familien vorbehalten. Diese können zwischen Apartments mit einem bis zu fünf Zimmern wählen. Die Wohnungen sind mit hochwertigen Holzfußböden, die über eine Fußbodenheizung erwärmt werden, und mit Holz-Aluminium-Fenstern ausgestattet. Bauherr dieser drei Gebäude ist die Georg Reisch GmbH & Co. KG. Als Begegnungsstätte ist ein Quartiersplatz gedacht, der mit Spielgeräten für Kinder und mit seniorengerechten Bewegungsstationen ausgestattet ist. 

Suche nach dem nachhaltigsten Weg 

Die Firma Reisch nutzt ihre drei Häuser, um herauszufinden, welches der beste Weg für nachhaltigen Wohnbau ist. Aus diesem Grund werden alle drei Objekte in Hybridbauweise errichtet. Beim ersten bestehen die Wände aus Holz und die Decken aus Beton. Beim zweiten ist nur der Treppenhauskern aus Beton, alle anderen Bauteile aus Holz. Und das dritte wurde vollständig in Holzbauweise errichtet – bis auf den Keller. Der ist, wie bei den anderen beiden Gebäuden, aus Beton. 

Das Unternehmen setzt aber auch beim Beton auf eine ressourcenschonende Bauweise: Es nutzt Recyclingmaterial, insgesamt circa 15.000 Tonnen Betonbruch. Und der wurde beim Abriss des Gebäudes gewonnen, das ursprünglich auf dem Baugrund stand. Dies bringt mehrere Vorteile mit sich: Das Gestein muss nicht in der Natur abgebaut werden und die Transportwege sind auf ein Minimum herabgesetzt. 

Mithilfe eines aufwendigen Verfahrens wird aus dem alten Beton neues Baumaterial, die sogenannte RC-Körnung. Deren kleinere Korngruppen (bis vier Millimeter) werden zum Beispiel als Schüttmaterial für die Holzdecken der Quartierswohnungen verwendet (Raumakustik). Die Korngruppen von vier bis 22 Millimetern dienen zur Herstellung des Betons. Dabei verwendet Reisch klinkerreduzierte Zementsorten und verringert so den CO2-Ausstoß. 

Carbon statt Stahl 

Die Fertigung der Betonplatten erfolgte im hauseigenen Fertigteilwerk des Bauunternehmens.
Die Fertigung der Betonplatten erfolgte im hauseigenen Fertigteilwerk des Bauunternehmens. (Quelle: Georg Reisch GmbH & Co. KG)

Auch durch die Bewehrung wird beim Wangener Projekt CO2 eingespart: Alle Balkonplatten des Quartiers werden mit einer Solidian-Carbonbewehrung hergestellt. Da Carbon im Gegensatz zu Stahl nicht korrodiert, kann die Betonüberdeckung deutlich geringer ausgeführt werden als bei einer herkömmlichen Stahlbewehrung. Dadurch wird weniger Beton und Zement benötigt, was sich günstig auf die CO2-Bilanz auswirkt. 

Beim Vinzenz Areal setzte das Bauunternehmen für die obere und untere Bewehrungslage der Balkonplatten Solidian Grid ein. Hierbei handelt es sich um eine Matte aus Carbonfasern, die mit Epoxidharz getränkt werden. Sie bringt neben den oben genannten positiven ökologischen Eigenschaften auch technische Vorteile mit: Sie hat eine bis zu sieben Mal höhere charakteristische Zugfestigkeit als eine klassische Bewehrungsmatte aus Stahl (bis zu 3.300 N/mm²). Die Carbonbewehrung ist darüber hinaus sehr leicht, was ihre Handhabung auf der Baustelle beziehungsweise im Werk angenehm vereinfacht.

Hier ist gut zu erkennen, wie filigran die Carbonbewehrung ist.
Hier ist gut zu erkennen, wie filigran die Carbonbewehrung ist. (Quelle: Georg Reisch GmbH & Co. KG)

So wenig Beton wie möglich 

Die Georg Reisch GmbH & Co. KG fertigte die Balkonplatten in ihrem Werk in Bad Saulgau und montierte diese dort auf die tragende Unterkonstruktion. Die vorgefertigten Module erleichterten und beschleunigten die Montage der Balkone. Deren Platten sind zwischen 1,90 Meter und 3,54 Metern breit. Dabei haben sie eine Tiefe von 1,26 Meter bis 2,17 Metern. Ihre Betonüberdeckung liegt, dank der nicht metallischen Bewehrung, bei gerade einmal 15 Millimetern. In der herkömmlichen Stahlbetonbauweise wären die Platten mindestens 18 Zentimeter dick gewesen. Diese Reduktion der Betonmenge wirkt sich nicht nur günstig auf die Umwelt aus, sondern auch auf das Erscheinungsbild der Bauteile. Sie wirken filigran und ästhetisch. Darüber hinaus sind sie unempfindlich gegenüber äußeren Einflüssen, wie zum Beispiel Frost-Tausalz, und dementsprechend wartungsarm, was dem Betreiber der Wohngebäude langfristig Kosten spart. Und durch die korrosionsfreie Carbonbewehrung konnten die Balkonplatten ohne Abdichtung realisiert werden. Weitere Informationen zur Georg Reisch GmbH & Co. KG >>>, Weitere Informationen zu Solidian >>>

zuletzt editiert am 28. März 2024