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Der Schwabenturm stand auf unsicherem Untergrund. Mittels Injektion wurde der Boden nun verfestigt. (Abb.: URETEK)

Bauwerkserhaltung 2014-12-15T00:00:00Z Wackeliger Wehrturm

Dort, wo eine alte Handelsstraße durch den Schwarzwald in der Stadt Freiburg mündete, entstand vor etwa 800 Jahren ein Wehrturm. So stabil das Stadtwahrzeichen wirkt, es stand über Jahrhunderte hinweg auf wackeligem Grund. Im Rahmen einer Sanierung wurde nun seine Gründung verfestigt.

Im 13. Jahrhundert wurde das Schwabentor als Schalenturm mit Wehrmauern nach außen und zur Stadt hin offen errichtet. Reger Fuhr- und Handelsverkehr zog durch die Mauern. Im Jahr 1901 erhielt der Torturm Aufbauten im Stile der Spätgotik, die jedoch 1954 wieder zurückgebaut wurden. Seitdem trägt der Turm wieder ein Zeltdach und ist immer noch höher als in der ursprünglichen Form. Heute fahren Straßenbahnen durch das Tor.

Putzabplatzungen und Risse sollten saniert werden

Nachdem herabfallende Putzfragmente eine Gefährdung für die Freiburger Bürger und auch für die durch das Tor fahrende Straßenbahn darstellten, sollten die Außenmauern neu verputzt werden. Dabei wurden Risse festgestellt, die durch das Vermessungsamt der Stadt Freiburg messtechnisch überwacht wurden. Es bestand die Vermutung, dass die aufgetretenen Schäden möglicherweise auf die Gründungssituation des Tores zurückzuführen sind.

Die Bauingenieure MohnkeIHöss erarbeiteten daraufhin eine Bedarfsplanung für die erforderlichen Voruntersuchungen. Die anschließend durchgeführte Baugrunduntersuchung durch die Ingenieurgruppe Geotechnik aus Kirchzarten ergab, dass der natürliche Untergrund von gut tragfähigen, dicht bis sehr dicht gelagerten Schwarzwaldkiesen gebildet wird, die als schwach schluffige, steinige Kiese und Sande zu bezeichnen sind. Der gut tragfähige Baugrund wird allerdings durch künstliche Auffüllungen, deren Ursprünge bis ins Mittelalter zurückreichen, überlagert. Es ist davon auszugehen, dass sie eine Schichtdicke von bis zu sechs Metern aufweisen. Die Auswertung der Bohrergebnisse ergab eine sehr unterschiedliche Zusammensetzung: Sie bestehen teilweise aus sandigem, schwach tonigem Schluff, in den Kiese eingelagert sind, andererseits wurden Steine und Kiese mit sehr geringem Feinkornanteil angetroffen. Insgesamt sind die Auffüllungen meist locker bis mitteldicht gelagert. Tragfähiger Baugrund fand sich erst etwa sechs Meter unter der Geländeoberkante.

Außerdem fand man Hinweise darauf, dass sich bereits beim Bau unterschiedliche Setzungen ergeben hatten. So nimmt man an, dass sich das sich der südliche Teil jeweils deutlich weniger gesetzt hat, als der nördliche Teil des Tors. Man befürchtete dass sich aufgrund des uneinheitlichen Untergrunds insbesondere bei Niederschlägen weitere ungleichmäßige Sackungen ergeben könnten. Daher entschloss man sich, die Gründung zu ertüchtigen.

Als im Zuge der Bauarbeiten rund um den Bertoldsbrunnen auch die Straßenbahngleise stillgelegt und erneuert werden sollte, wurde die Baugrundertüchtigung ausgeschrieben.

Bei den gegebenen Randbedingungen kam eine herkömmliche Unterfangung des Bauwerkes bis auf die Schwarzwaldkiese nicht in Betracht. Als Verfahren zur Baugrundverstärkung und Fundamentstabilisierung wurden seitens des Gebäudemanagements der Stadt Freiburg Düsenstrahlinjektionen auf Zementbasis und als Alternative Injektionen von expandierenden Kunstharzen erwogen. Beide Verfahren schienen den Fachleuten als geeignet, die Gründungssituation nachhaltig zu verbessern. Nach sorgfältiger Prüfung der Parameter der sehr unterschiedlichen Methoden fiel die Entscheidung zugunsten der Injektion von Expansionsharzen mittels der „URETEK-Methode“. Dabei spielte vor allem die weitaus geringere Baustelleneinrichtung und damit einhergehend die geringere Belästigung der Freiburger Bürger die entscheidende Rolle. Die Maßnahmen zur Baugrundertüchtigung wurden eng mit den Denkmalschutzbehörden abgestimmt.

Kunstharze füllen Hohlräume und Kluften

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Dieser Schnitt zeigt die sich überlappenden Injektionsbereiche mit den in verschie-denen Winkeln eingesetzten Lanzen. (Abb.: URETEK)

Die Methode beruht auf schnell aushärtenden Kunstharzen mit einer Expansionskraft von bis zu 10.000 kPa (Laborwert). Das Expansionsharz wird durch Injektionslanzen flüssig und unter kontrolliertem Druck direkt unter die Fundamentsohle sowie die entfestigte Fundamentsubstanz gepresst. Durch die sekundenschnell eintretende Volumenvergrößerung der Harze (Polymerisation) und die dabei entstehende Expansionskraft (in Abhängigkeit vom Widerstand der Umgebung und der Baukonstruktion) wird der Untergrund örtlich aufgesprengt. Die Expansion der Harze erfolgt in Richtung des geringsten Widerstandes, also dorthin, wo Klüfte und Hohlräume sowie aufgelockerte und geringtragfähige Bodenzonen vorhanden sind. Dabei wird zunächst eine horizontale Verspannung im Baugrund bewirkt. Mit weiterer Verdichtung des Baugrundes wachsen die Horizontalspannungen im Boden bis auf das Maß der vertikalen Auflast an. Dabei kommt es lokal begrenzt zu einer messbaren Hebungstendenz von mind. 0,5 Millimetern. Nach Angaben der Entwickler entspricht die Festigkeit der injizierten Böden nach Aushärten der Harze der Festigkeit des Schwarzwaldkieses, der in diesem Fall den tragfähigen Untergrund bildet.

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Die Lanzen werden in die durch Kernbohrungen entstanden Löcher eingeführt. (Abb.: URETEK)

Laser überwachten die Arbeit

Bei der Injektion wurden die Injektionslanzen in regelmäßigen Horizontal- und Vertikalabständen von etwa 1,00 bis 1,20 Metern, in Winkeln zwischen 24 und 90 Grad, fächerförmig von der Turmdurchfahrt aus, in und unter das Fundament in die Tiefe gesetzt. Die hierzu benötigten 130 Kernbohrlöcher mit der Nennweite DN 100 wurden im Vorfeld mittels Ankerbohrgerät vorgebohrt.

Der gesamte Prozess wurde mittels Nivellierlasern kontrolliert und gesteuert. Der am Bauteil befestigte Laserempfänger registrierte jede Ausweichbewegung der Baukonstruktion und der Umgebung. Der Umfang der Arbeiten zur Gründungssanierung betrug ca. 110 m² Fundamentsohlfläche; dabei wurde ein verstärktes Boden- bzw. Fundamentvolumen in einer Größenordnung von ca. 640 m³ erreicht. Die Arbeiten konnten innerhalb von etwa 25 Tagen abgeschlossen werden.

zuletzt editiert am 09. April 2021