Mit dem Ende der Kohleverstromung fällt spätestens 2038 der sogenannte REA-Gips als wichtige Rohstoffquelle weg. Deswegen müsse wieder mehr Naturgips abgebaut werden, so der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) und der Bundesverband der Gipsindustrie (BVG). Die Verbände haben nun Bund und Länder aufgefordert, die dafür nötigen, rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Nur so könne die Rohstoffversorgung verlässlich und nachhaltig gesichert werden.

Das Kohleausstiegsgesetz (KVBG) sieht ein Ende der Kohleverstromung bis spätestens 2038 beziehungsweise optional schon bis 2035 vor. Bis dahin wird sich das Angebot an REA-Gips, welcher als Nebenprodukt der Kohleverstromung entsteht, weiterhin massiv verknappen und letztendlich komplett ausbleiben. Ein nochmaliges Vorziehen des Kohleausstiegs bis „idealerweise 2030“, wie im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vorgesehen, würde das REA-Gips-Angebot, noch schneller reduzieren. Der inländische Bedarf an Gips liegt bei etwa 10 Millionen Tonnen jährlich, mit leicht steigender Tendenz. Er wird größtenteils aus heimischen Rohstoffquellen gedeckt. Der Gips-Rohstoffmix bestand 2020 zu 40 Prozent REA-Gips und zu 60 Prozent aus Naturgips beziehungsweise Anhydrit.
Der Vorsitzende des Bundesverbands der Gipsindustrie, Thomas Bremer, fordert daher von Bund und Ländern schnelles Handeln. „Wir benötigen zusätzliche Planungsflächen, um die Rohstoffversorgung mit Gips in Deutschland weiter sichern zu können“, so Bremer. Auch eine umfangreiche Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz hat ergeben, dass die Versorgung mit Gipsrohstoffen über die nächsten 25 Jahre gefährdet ist. EY empfiehlt, im Rahmen des Wegfalls von REA-Gips wieder verstärkt Primärrohstoffe in Form von Naturgips einzusetzen.
Einer Bestandsaufnahme der Staatlichen Geologischen Dienste zu Gipsvorkommen in Deutschland zufolge, ist der Rohstoff Gips hierzulande in großen Mengen vorhanden. Könnten diese Vorkommen umweltschonend erschlossen werden, ließe sich die Versorgungslücke langfristig schließen. Häufig, so der VDPM, werde die inländische Rohstoffgewinnung jedoch erschwert oder verhindert. Im Bericht heißt es dazu wörtlich: „Im Vorfeld einer industriellen Nutzung sind Bund und Länder gefragt, die Erkundung neuer Gipslagerstätten zu befürworten und aktiv zu unterstützen.“
In diesem Sinne haben VDPM und BVG einige Forderungen an die Bundesländer formuliert, in denen es nachweislich Naturgipsvorkommen gibt:
- Eine bedarfsunabhängige sowie langfristige Ausweisung neuer Flächen für die Naturgipsgewinnung in der jeweiligen Raumordnung.
- Die grundsätzliche Ausweisung von Flächen für die Gewinnung von Naturgips unter Tage durch die Berücksichtigung in der Raumordnung.
- Feste Regelungen für die umweltverträgliche Gewinnung von Gipsgestein auch in – für die Förderung der Biodiversität sinnvollen – Teilbereichen von Schutzgebieten.
- Die Fortschreibung der dafür notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Wohnungsbauziele ohne Gips nicht erreichbar
Vor dem Hintergrund der im Koalitionsvertrag vereinbarten ambitionierten Ziele im Wohnungsbau, der steigenden Notwendigkeit energetischer Modernisierungen sowie des Ausbaus und Erhalts der Infrastruktur und erneuerbarer Energien wird der Rohstoffbedarf der gipsverarbeitenden Industrien bis 2040 realistisch mindestens auf dem hohen Niveau von rund 10 Millionen Tonnen verbleiben. Der VDPM-Vorstandsvorsitzende Christoph Dorn sagte dazu: „Fehlender Gips wird die Wohnungsbaupläne der Bundesregierung platzen lassen. Wir müssen dringend mehr Naturgips abbauen, andernfalls entsteht eine Versorgungslücke. Dafür braucht es die Unterstützung der Politik.“
Gipsbaustoffe können grundsätzlich immer wieder recycelt werden und die Industrie führt derzeit alle verfügbaren Mengen wieder der Kreislaufwirtschaft zu. Dennoch könne Recycling-Gips die entstehende Lücke in der Rohstoffversorgung auf absehbare Zeit nicht füllen, so die Verbände. Das liege vor allem an der begrenzten Menge recycelbarer Gipsabfälle. Um die Potenziale des Gips-Recyclings zu heben, müsse die Bundesregierung die dringend notwendige Rechtssicherheit für den Einsatz von Recycling-Gips herstellen. Aber selbst dann, wenn diese Hürden gesenkt werden, würde dies mengenmäßig nicht ausreichen, um den Wegfall von REA-Gips zu kompensieren. Auch andere Baustoffe, wie zum Beispiel Lehm, der gleichermaßen im übertägigen Abbau gewonnen wird, seien nicht in der Lage den Bedarf zu decken. Das belege eine Studie der Hochschule Rosenheim. Weitere Informationen >>>