Thema des Monats Oktober: Nach langen, polarisierten Debatten hat der Bundestag im September final die Änderung im Gebäudeenergiegesetz beschlossen. Der politische und öffentliche Diskurs drehte sich vorwiegend um die verschiedenen Heizungsarten – im Wesentlichen unbeachtet blieb die energetische Sanierung von Gebäuden. Dabei liegt hier ein enormes Einsparpotenzial, wie eine Analyse der Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND) zeigt.
Die (IKND) hat analysiert, wie sich der energetische Zustand von Häusern und Wohnungen unterschiedlicher Energieeffizienzklassen auf die durchschnittlichen Gaskosten der Bewohnenden auswirken. Jede zweite Heizung in Deutschland wird mit Gas betrieben. 60 Prozent der Gasheizungen steht in Gebäuden, die vor 1978 erbaut wurden und bei deren Bau Energieeffizienz keine Rolle gespielt hat. Die Analyse zeigt: der Gasverbrauch und damit die Gasrechnung beträgt sowohl bei Einfamilienhäusern als auch Miet- oder Eigentumswohnungen der schlechtesten Effizienzklasse H im Durchschnitt fast das Siebenfache von dem, was bei energetisch sanierten Gebäuden bezahlt werden muss. In Deutschland gehören 17 Prozent aller Wohngebäude den schlechtesten Effizienzklassen an. Das sind mehr als drei Millionen Häuser.
Die Grundlagen dieser Berechnungen sind ein Einfamilienhaus mit 150 Quadratmetern Wohnfläche sowie eine Wohnung mit 75 Quadratmetern Wohnfläche. Beides sind jeweils die durchschnittliche Wohnfläche eines Einfamilienhauses oder einer Wohnung in Deutschland. Der Vergleich bezieht die Energieeffizienzklasse D ein, da das durchschnittliche deutsche Haus einen Energiebedarf von rund 125 kWh/m2 pro Jahr hat und sich somit in dieser Klasse befindet. Über ein Fünftel aller Wohngebäude in Deutschland hat die Energieeffizienzklasse D; was einem gut sanierten Altbau entspricht.
Je höher der Gaspreis, desto stärker fällt der Unterschied ins Gewicht
Welchen Unterschied der energetische Zustand des eigenen Hauses bei den Heizkosten macht, zeigte die Gasversorgungskrise im vergangenen Jahr deutlich (siehe Grafik 1 & 2). Bei gleichbleibendem Verbrauch blickten die Bewohnenden des Hauses H, das also der schlechtesten Effizienzklasse angehört, 2022 auf eine Jahresrechnung von 8.250 Euro. Haus D und Haus A hatten mit 3.750 Euro und 1.200 Euro zwar auch deutlich höhere Heizkosten, die Mehrkosten der drei Häuser unterscheiden sich jedoch drastisch: Haus A zahlte 840 Euro mehr, Haus D hatte 2.625 Euro Mehrkosten, Haus H musste 5.775 Euro mehr für Heizen ausgeben. Aber bereits vor Russlands Einmarsch in die Ukraine lagen die Heizkosten für ein durchschnittlich großes Einfamilienhaus der Energieeffizienzklasse H (Haus H) über 2.000 Euro höher als für eines der Energieeffizienzklasse A (Haus A). Haus A zahlte 360 Euro, während Haus H eine Rechnung von 2.475 Euro begleichen musste.
Gas war im August 2023 mit durchschnittlich 14 Cent mehr als doppelt so teuer wie 2021. Experten gehen davon aus, dass der Gaspreis dieses Niveau fürs Erste halten wird. Das bedeutet für die Bewohnenden des Haus H Gaskosten von 5.775 Euro. Sie zahlen für das Beheizen ihrer Häuser 3.150 Euro mehr als das deutsche Durchschnittshaus D und 4.935 Euro mehr als das energetische sehr gute Haus A. Nach zwei Jahren hätte man von den Mehrkosten fürs Heizen bereits die Innendämmung des Hauses bezahlen können, um den Gasverbrauch langfristig zu senken ohne Wohnkomfort einzubüßen.

Bei 75-Quadratmeter-Wohnungen in Gebäuden der Energieeffizienzklasse H (Wohnung H) lagen die Kosten für 2022 bei 4.125 Euro – über 3.500 Euro mehr, als für eine gleich große Wohnung der Klasse A, also der energetisch besten Klasse, anfielen. Auch für das Jahr 2023 ist der Unterschied signifikant: Während Wohnung H Heizkosten von 2.888 Euro erwartet, sind es bei Wohnung D nur 1.313 Euro und bei Wohnung A nur 420 Euro. Das zeigt, dass die Warmmieten je nach energetischem Zustand des Wohngebäudes stark variieren können.
„Mit dem Bundestagsbeschluss zum Gebäudeenergiegesetz kommt nun hoffentlich Bewegung in die Wärmewende und gleichzeitig Ruhe in die Debatte“, sagt Carolin Friedemann, Gründerin und Geschäftsführerin der IKND. „Die Verunsicherung bei Menschen und Unternehmen ist groß. Leider wird oftmals vergessen, dass die Wärmewende maßgeblich jenseits des Heizungskellers stattfindet – nämlich in den darüber liegenden Etagen, durch Gebäudesanierung. Nur so werden Heizkosten und vor allem der Verbrauch fossiler Energie dauerhaft gesenkt.“
Eine Frage der sozialen Gerechtigkeit
Der große Unterschied bei den Heizkosten werde zunehmend zu einer Frage der sozialen Gerechtigkeit, so Friedemann weiter. „In den energetisch schlechten Häusern wohnen vor allem Menschen mit geringen Einkommen. Sie würden von sinkenden Heizkosten überproportional profitieren.“ Von den rund 14 Millionen Deutschen, die in selbstgenutztem Eigentum in Ein- und Zweifamilienhäusern wohnen, sind 11 Prozent im unteren Einkommensdrittel verortet. Mehr als die Hälfte der Häuser werden von Paaren ohne Kinder bewohnt, davon sind über 40 Prozent im Rentenalter.
Eine Umfrage der IKND unter Hausbesitzenden im Sommer 2022 zeigt, dass die meisten von ihnen nur sehr wenig über den eigenen Energieverbrauch, laufende Energiekosten oder mögliche Einsparpotenziale durch kleinere oder größere Sanierungen wissen. Nach Ansicht des IKND bräuchte es gezielte Informationen, die Einsparpotenziale und weitere Vorteile einer Sanierung erläutern. Anlässe neben Hauskauf, Umbau oder Schadensfall könnten beispielsweise die jährliche Energiekostenabrechnung oder die Thermenwartung sein. Verstärkte Aufklärung über Vorteile und Förderung seien essenziell für eine Steigerung der Sanierungsquote. Weitere Informationen >>>