Christian-Ventker
„Die Vorstellung, man könne ein Mauerwerk trockenlegen, ist nur Wunschdenken.“, sagt Planer und Sachverständiger Christian Ventker. (Abb.: B+B BAUEN IM BESTAND/M. Henke)

Bauwerksabdichtung 2015-05-04T00:00:00Z Schöne neue Kellerwelt

Von der ersten Kontaktaufnahme mit dem Auftraggeber bis zur Erfolgskontrolle: Christian Ventker, Inhaber des Ingenieur- und Sachverständigenbüros Vintage-TECHnology in Münster, erläutert im Interview mit B+B BAUEN IM BESTAND, worauf bei einer Mauerwerkstrockenlegung zu achten ist.

B+B: Was versteht man unter dem Begriff Mauerwerkstrockenlegung?

Christian Ventker: Die Vorstellung, man könne ein Mauerwerk trockenlegen, ist Wunschdenken. Man kann ein Mauerwerk so weit abdichten und ertüchtigen, dass man es bis zur Ausgleichsfeuchte heruntertrocknen kann. Wer seinem Kunden aber verspricht, das Mauerwerk trockenzulegen, der könnte vor Gericht in Argumentationsnöte geraten, da er einen trockenen Zustand versprochen hat. Die Ausgleichsfeuchte ist vom Baustoff abhängig. Ein Ziegel hat circa ein Prozent Wassergehalt, ein Kalksandstein drei Prozent, aber ein salzhaltiges Mauerwerk kann deutlich höhere Werte aufweisen. Also: Man kann ein Mauerwerk abdichten und bis zur Ausgleichsfeuchte heruntertrocknen, aber nicht trockenlegen.

B+B: Woher kommt dann der Begriff Mauerwerkstrockenlegung?

Christian Ventker: Es ist der Wunsch des Bauherrn, die Mauer trocken zu bekommen. Der Anlass für die Kontaktaufnahme ist ja, dass er ein nasses oder feuchtes Mauerwerk hat. Deshalb bietet man ihm als Lösung an, die Mauer trockenzulegen. Aber das ist nicht korrekt. Deshalb würde ich mir als Werbung „Mauerwerkssanierung“ oder „Bauwerksabdichtung“ aufs Auto schreiben und nicht „Mauerwerkstrockenlegung“.

B+B: Wie kommt es überhaupt zu einem Auftrag zur Mauerwerkstrockenlegung?

Christian Ventker: In der Regel hat der Bauherr einen Kellerraum, den er anders nutzen möchte. Lagert er dort nur Kartoffeln und Wein, kann er wahrscheinlich mit feuchten Wänden leben, solange kein Wasser in den Keller hineinläuft. Aber sobald der Keller anders genutzt werden soll, zum Beispiel als Aktenlager oder Hobbyraum, und dafür eine Heizung eingebaut wird, zeigen sich alle Feuchteschäden deutlicher. Der Putz blättert ab, die Fuge bröckelt, der ein oder andere Stein bröckelt ab und die Leute fangen an zu befürchten, dass ihr Haus einstürzt.

B+B: Welche Ursachen haben feuchte Kellerwände? Mängel in der Bauphase oder sind die Häuser noch aus Zeiten, als man Kellerwände nicht abgedichtet hat?

Christian Ventker: Beides kommt vor. Entweder ist die Wand aufgrund einer mangelhaften Abdichtung durchfeuchtet oder sie ist schon älter. Eine gescheite Bauwerksabdichtung wie KMB haben wir erst seit Ende der 1970er-, Anfang der 1980er-Jahre. Vorher wurde ein Putz aufgetragen und dieser manchmal schwarz gestrichen, wenn wir Glück haben mit Bitumen, manchmal auch mit Teer, und noch früher wurde kaum abgedichtet, weil die Keller anders genutzt wurden. Es wurde ein Putz auf getragen, damit kein Wasser hineinläuft, aber ob die Keller feucht waren, hat niemanden interessiert. Das war Standard. Und die alten Wände gehen durch diese Feuchtigkeit nicht kaputt. Langfristig schädigend sind jedoch Nass-Trocken- Wechsel, also wenn angefangen wird, einen Keller zu heizen. Bei Regenphasen nimmt das Mauerwerk Feuchtigkeit auf, beim Heizen trocknet diese wieder ab und die gelösten Salze kristallisieren. Dadurch entsteht an der Oberfläche ein enormer Sprengdruck. Dieser Prozess setzt sich bis zur Mauerwerkskorrosion fort, und es kommt zu Gefügezerstörungen in Stein und Mörtel. Da kann man teilweise mit dem Kugelschreiber zwei, drei Zentimeter Mörtel herausholen. Das Problem mit feuchten Kellerwänden ist also erst durch andere Nutzungsanforderungen entstanden.

B+B: Solange die Salze gelöst bleiben, passiert also nichts?

Christian Ventker: Genau. Wenn wir eine Innenabdichtung auftragen, passiert nichts anderes. Die Wand hinter der Abdichtung bleibt feucht und die Salze in Lösung.

B+B: Wie geht es nach der ersten Kontaktaufnahme weiter?

Christian Ventker: Ich vereinbare immer als Erstes einen Ortstermin. Dabei ist es wichtig, sich das ganze Bauwerk anzugucken. Ich habe zum Beispiel nasse Keller erlebt, bei denen die Ursache ein innen liegendes, defektes Dachfallrohr war. Man sollte bei dem Termin außerdem die örtlichen Gegebenheiten klären, wo das Gebäude liegt, zum Beispiel Hanglage, ob Grundwasser ansteht, welche Bodenverhältnisse vorliegen.

B+B: Was ist noch zu klären?

Christian Ventker: Grundsätzlich wofür der Kunde den Keller nutzen will: Was ist sein Ziel? Ich hatte zum Beispiel einen Kunden, der seinen Keller nur als Weinlager nutzte und auch nichts anderes plante. Trotz der Salzausblühungen auf der Oberfläche, wegen derer ich gerufen worden war, war der Keller für seinen Zweck voll funktionstauglich. Ich habe deshalb lediglich empfohlen, gelegentlich das Salz abzufegen. Als Zweites ist die Frage zu klären, was der Kunde investieren will und kann. Denn Feuchtigkeitsprobleme zu beheben, um einen Kellerraum in eine hochwertige Nutzung zu überführen, kann sehr teuer werden.

B+B: Von den Nutzungszielen ist also auch abhängig, welche Abdichtungsmaßnahmen notwendig sind?

Christian Ventker: Ja, wenn ein Notar seine Akten 20 oder 30 Jahre in seinem Keller sicher lagern will, muss der Raum trocken sein und konstant eine geringe Luftfeuchtigkeit aufweisen.

 B+B: Wenn Nutzung und Budget geklärt sind, was ist dann der nächste Schritt?

Christian Ventker: Die Mauerwerksdiagnostik, wobei vorab zu klären ist, ob der Kunde bereit ist, hierfür Geld auszugeben. Nur bei ganz offensichtlichen Fällen kann man hierauf eventuell verzichten, zum Beispiel wenn komplett durchfeuchtete Wände anzeigen, dass die Außenabdichtung nicht vorhanden oder defekt ist. Wenn man von draußen dran kommt, sollte man in diesem Fall die Außenwand freilegen und abdichten. Wenn man Glück hat, ist eine Bodenplatte vorhanden, an die man die Abdichtung anschließen kann. Bei älteren Gebäuden mit Streifenfundamenten muss man überlegen, was mit dem Boden passiert, wenn die Wand abgedichtet wird: Muss man diesen auch abdichten, etwa eine Bodenplatte einbauen, die abgedichtet werden kann? Das kann, wie gesagt, zu einem sehr teuren Raum führen, je nachdem, welche Nutzung geplant ist.

Autor: Michael Henke

Dieser Beitrag ist Teil eines Artikels aus B+B BAUEN IM BESTAND , Ausgabe 1-2015

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zuletzt editiert am 09. April 2021