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Alle Abb.: Jacobs

Betoninstandsetzung 2011-07-14T00:00:00Z Sanierung des persönlichen Marktwertes

Unternehmen erhöhen durch die Weiterbildung Ihrer Mitarbeiter zur SIVV-Fachkraft ihre Wettbewerbsfähigkeit, Mitarbeiter können ihre Position im Unternehmen stärken.

Schutz und Instandsetzung von Betonkonstruktionen gehören zu den anspruchsvollen Bauaufgaben, deren Bewältigung ein hohes Maß an Kenntnissen voraussetzt. Immer häufiger verlangen daher private und öffentliche Auftraggeber vor der Auftragsvergabe entsprechende Nachweise, wie es die bauaufsichtlich eingeführte Instandsetzungsrichtlinie auch fordert. Seit 1990 bieten die Bildungszentren des Baugewerbes e. V. (BZB), Krefeld als eines von 15 Ausbildungszentren der Bauwirtschaft speziell für die Betoninstandsetzung viermal pro Jahr mit den sogenannten SIVV-Lehrgängen ein Weiterbildungsangebot an, das umfangreiche Kenntnisse über eine objektgerechte Ausführung von Betoninstandsetzungsmaßnahmen vermittelt und durch ein entsprechendes Zertifikat bestätigt. Regelmäßig vorgeschriebene Weiterbildungen sorgen dafür, dass die Schein-Inhaber immer auf dem neuesten Stand der Technik sind.

Die Vorkenntnisse der Teilnehmer und ihre Motivation für diese Fortbildung sind dabei recht verschieden. Drei Beispiele:

Markus Kommischke ist Beton- und Stahlbetonmeister. Für seinen Arbeitgeber, ein großes deutsches Bauunternehmen, betreut er zahlreiche Baustellen. Er will seine Fachkenntnisse in diesem Bereich vertiefen. "Damit ich mich draußen vor Ort mit den Jungs auf Augenhöhe unterhalten kann. Das ist doch ein sehr spezieller Bereich, in dem nach wie vor große Unwissenheit herrscht."

Mike Neumann ist gelernter Fliesenleger und arbeitet als Monteur für eine Firma, die als Nachunternehmer vorwiegend Kabelschächte für eine deutsche Kommunikationsfirma saniert. Spezialkenntnisse über eine objektgerechte Betoninstandsetzung sind da unabdingbar und werden vom Auftraggeber zur Bedingung gemacht.

Bernd Pflüger ist Dipl.-Ing. für Geotechnik mit einer Zusatzqualifikation im Fachbereich Betontechnologie und leitet die Betonprüfstelle eines großen Ingenieurbüros im Ruhrgebiet, dessen Schwerpunkt im Bergbau liegt. Er denkt an die Zukunft und sucht nach zusätzlichen Standbeinen, die die Existenz des Ingenieurbüros auch über das Ende des Bergbaus hinaus sichern. "Ein Schwerpunkt," da ist er sich ganz sicher, "wird dann definitiv die Beton-Instandsetzung sein." Daher will er seine bereits erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen in diesem Spezialgebiet vertiefen und ausbauen: "Letztlich geht es auch darum, ein Zertifikat in der Hand zu haben, mit dem potentiellen Auftraggebern gegenüber die entsprechende Kompetenz nachgewiesen werden kann."

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In den Praxisstunden wird mit den gleichen Stoffen gearbeitet wie auf der Baustelle.

Andere sind Maurer, Poliere und Kolonnenführer. Es ist eine buntgemischte Truppe, die sich in der BZB Akademie im Bildungszentrum des Baugewerbes in Krefeld zum SIVV-Lehrgang (Schützen, instand setzen, Verbinden und Verstärken von Betonteilen) zusammengefunden hat. 14 Männer mittleren Alters. Zehn Tage lang drücken sie jetzt wieder die Schulbank. Morgens Theorie, nachmittags Praxis. Am Ende steht eine Prüfung und sofern bestanden - der begehrte SIVV-Schein, der mittlerweile von den meisten öffentlichen, aber auch zunehmend von privaten Auftraggebern bei der Auftragsvergabe als Garant für eine qualitativ hochwertige Ausführung von Betoninstandsetzungsmaßnahmen zur Bedingung gemacht wird.

Er verleiht dem Schein-Inhaber gleichzeitig ein hohes Maß an Verantwortung: Auf der Baustelle ist er derjenige, der im Rahmen der Qualitätssicherung für die Eigenüberwachung verantwortlich ist. Das System wird ergänzt durch die Fremdüberwachung durch neutrale Personen, die zum Beispiel bei der Prüf- und Überwachungsstelle der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken (ib) unter Vertrag sind. Allein in NRW sind für die Prüf- und Überwachungsstelle fünf Überwacher tätig.

Die heterogene Mischung machts

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Ob Beton- und Stahlbetonmeister, Mauerer oder Fliesenleger bei der Übung zur Bauwerksdiagonse lernen alle dazu.

"Die heterogene Teilnehmerstruktur," erklärt Dipl.-Ing. Peter Heil, Leiter der BZB Akademie in Krefeld, "ist typisch für den Lehrgang. Wir haben hier einerseits den Gesellen oder Facharbeiter des Beton- und Stahlbetonbauerhandwerks, der spezielles Fachwissen aufbauen will, um später als SIVV-Mann eingesetzt werden zu können. Andererseits gibt es auch die Bauleiter und Meister, die den Lehrgang absolvieren, um zu wissen, was sie ihren Mitarbeitern abverlangen können." Viele Bauingenieure informieren sich im Kurs über die jüngsten Änderungen in der Normung. Hin und wieder sind auch Mitarbeiter aus der Gruppe der Auftraggeber im Seminar. "Die wollen dann einfach wissen," sagt Heil, "was sie ausschreiben und welche Arbeiten sie vergeben." Dieser Gruppe sei es vor allem wichtig, ausreichende Kenntnisse zur Beurteilung einer fachgerechten Arbeit aufzubauen: "Die kommen nicht, um zu lernen wie richtig instand gesetzt wird, sondern um frühzeitig erkennen zu können, wenn etwas schief läuft."

Fehlende Vorkenntnisse in der Betontechnologie werden ausgeglichen durch ein zweitägiges Spezial-Vorbereitungsseminar zum SIVV-Lehrgang. Es bietet Grundlagenwissen und ist für alle Teilnehmer mit Ausnahme von Bauingenieuren, die ihr Diplom erst vor kurzem erworben haben, verpflichtend. Der Kurs schließt mit einer Prüfung ab, deren Bestehen Voraussetzung für die Teilnahme am eigentlichen Lehrgang ist. Die hohen Anforderungen bereits im Vorfeld unterstreichen und sichern den Qualitätsanspruch des Scheins. So können grundsätzlich auch nur Mitarbeiter mit abgeschlossener Berufsausbildung das Seminar absolvieren. Wer ungelernt ist, muss sich zumindest von seinem Arbeitgeber bestätigen lassen, dass er mindestens seit drei Jahren in diesem Bereich tätig ist. Alle Teilnehmer sind verpflichtet, im Abstand von höchstens drei Jahren eine Weiterbildung zu absolvieren.

Der Kurs selbst steht unter fachlicher Kontrolle des Ausbildungsbeirates Schutz und Instandsetzung im Betonbau beim Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein E.V., Berlin. Das Gremium tagt zweimal pro Jahr, um die Inhalte der Ausbildung zu aktualisieren. Es ist gleichzeitig verantwortlich für das Handbuch, das jedem Lehrgangsteilnehmer zur Verfügung gestellt wird. Darin werden sämtliche Themen behandelt. Die Abschlussprüfung wird von einem Prüfungsausschuss abgenommen, der sich aus Referenten und Mitgliedern des Ausbildungsbeirates zusammensetzt.

Seine Marktwert steigern

Alle öffentlichen Auftraggeber und Großunternehmen vergeben keine Aufträge, wenn nicht lückenlos nachgewiesen werden kann, dass die entsprechend verantwortlichen Mitarbeiter den SIVV-Schein besitzen. Wer nicht gleichzeitig mit der Abgabe eines Angebotes den entsprechenden Qualifikationsnachweis führt, fällt durchs Raster und wird im Vergabeprozess von Anfang an nicht berücksichtigt.

Aber nicht nur die Arbeitgeber profitieren. "Natürlich steigert auch jeder Teilnehmer seine persönliche Wettbewerbsfähigkeit," meint Heil. Arbeitgeber bevorzugen bei Einstellungen SIVV-Schein-Inhaber. Der Schein ist personengebunden. "Auf dem freien Arbeitsmarkt," bestätigt Markus Kommischke, "sind die Kursteilnehmer wertvoller als andere Bewerber."

Neben der Theorie kommt die Praxis nicht zu kurz

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Auch Hilfmittel und Werkzeuge werden demonstriert.

Vermittelt werden Kenntnisse zu den harmonisierten Regelwerken Instandsetzungs-Richtlinie, ZTV-ING sowie theoretische Grundlagen und Hintergründe. Auf dem Stundenplan stehen Themen wie Füllen von Rissen und Hohlräumen, kunststoffmodifizierte Zementmörtel (PCC) und kunststoffmodifizierte Spritzmörtel (SPCC) oder Beschichtungen, Vergießen und Kleben von Laschen. Detailliert werden dabei unterschiedliche Methoden und die richtige handwerkliche Ausführung von Betoninstandsetzungsmaßnahmen beschrieben. "Eine wichtige Rolle," berichtet Seminarleiter Dipl.-Ing. Frank Jansen, "kommt auch dem Bereich Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit zu." Auf den Baustellen, erzählt er, sei immer wieder ein relativ sorgloser Umgang mit Chemikalien und explosiven Stoffen zu beobachten

Bei der Praxis am Nachmittag werden in der BZB-eigenen Werkstatt Arbeitsgeräte und geeignete Materialien vorgestellt und Techniken eingeübt. Die Teilnehmer bearbeiten in Gruppen Exponate oder verfüllen etwa Risse fachgerecht mit einer Hochdruckpumpe. Gearbeitet wird mit den gleichen Stoffen wie auf der Baustelle. "Wir bemühen uns darum," so Jansen, "dass hier in der Schulungswerkstatt alles genauso abläuft wie es auf der Baustelle sein muss." Etwa 60% Theorie stehen rund 40 % Praxis gegenüber.

Alle Inhalte sind zum Nacharbeiten in einem Handbuch zusammengefasst, das jeder Teilnehmer bei Kursbeginn erhält. Trotzdem wird auf freiwilliger Basis das Tagespensum im Anschluss an den praktischen Teil noch einmal wiederholt.

1500 Euro kostet der zehntägige Lehrgang. Dazu kommen 150 Euro Prüfungsgebühr sowie 320 Euro plus 50 Euro Prüfungsgebühr für das zweitägige Spezial-Vorbereitungsseminar, in dem die Grundlagen vermittelt werden. Die obligatorische zweitägige Weiterbildung schlägt dann später noch einmal mit 480 Euro zu Buche.

Die Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken e.V.

In der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken e.V. (ib) haben sich neun Landesgütegemeinschaften und die Bundesgütegemeinschaft Betonflächeninstandsetzung (BFI) zusammengeschlossen. Unterstützt werden sie durch Unternehmen, die dem Verein "Deutsche Bauchemie e.V." angehören sowie durch Einzelmitglieder. Ziel der Gemeinschaft ist es, durch RAL-gütegesicherte Maßnahmen nach Vorgaben des Deutschen Instituts für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. (RAL) bei der Betoninstandsetzung für eine langfristige Werthaltigkeit der Bausubstanz zu sorgen und Gefahren für die Allgemeinheit aus Mängeln an der Bausubstanz abzuwehren. Diesem Ziel haben das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) durch Anerkennung der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken beziehungsweise ihrer Prüfstelle Rechnung getragen.

Autorin: Rita Jacobs, freie Fachjournalistin, Düsseldorf

Informationen zur Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken e.V. und zu den SIVV-Seminaren erhalten Sie hier

zuletzt editiert am 09. April 2021