Von links: Jürgen Dusel (Bundesbeauftragter), Kathrin Müller-Hohenstein (Moderation), Ernst Uhing (Präsident AKNW) und Dr. Andrea Pufke (Landeskonservatorin Rheinland) auf der 16. Regionalkonferenz Inklusiv gestalten in Essen.
Von links: Jürgen Dusel (Bundesbeauftragter), Kathrin Müller-Hohenstein (Moderation), Ernst Uhing (Präsident AKNW) und Dr. Andrea Pufke (Landeskonservatorin Rheinland) auf der 16. Regionalkonferenz Inklusiv gestalten in Essen. (Quelle: Mathias Kehren / Architektenkammer NRW)

Bauwerkserhaltung 4. May 2023 Mit Kompromissen zum barrierefreien Denkmal

„Inklusiv gestalten – Barrierefreiheit und Denkmalschutz“, so lautete der Titel der 16. Regionalkonferenz zum Thema Architektur und Inklusion, zu der der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer und der Architektenkammern Nordrhein-Westfalen am 18. April nach Essen eingeladen hatte. Rund 250 Architektinnen und Architekten nahmen an der Fachveranstaltung teil.

Die barrierefreie, inklusiv konzipierte Gestaltung unserer gebauten Umwelt wird immer wichtiger. Eine besondere Herausforderung stellt dabei der geschützte Gebäudebestand dar. „Denkmäler weiterzuentwickeln und dabei auf barrierefreie Gestaltung zu achten, ist ein ökologisch, ökonomisch und sozial gutes Investment“, unterstrich der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Ernst Uhing. Und Jürgen Dusel betonte die Bedeutung von Inklusion und damit auch Barrierefreiheit für unsere Gesellschaft als Ganzes: „Zur Demokratie gehört die Teilhabe aller. Inklusion und Demokratie sind zwei Seiten derselben Medaille.“ Barrierefreiheit habe eine tiefe soziale Dimension und sei ein Qualitätsmerkmal für eine moderne Infrastruktur.

Klimaschutz als Chance für Barrierefreiheit

Uhing verwies darauf, dass in den kommenden Jahren viele Baumaßnahmen im Gebäudebestand umgesetzt werden müssten, um die Ziele des Klimaschutzes zu erreichen. Dies sei eine große Chance, dabei zugleich die barrierefreie Weiterentwicklung unserer Bestandsgebäude anzustreben. Etwa 1,5 Prozent der Bauwerke in Nordrhein-Westfalen stehen unter Denkmalschutz. „Es entspricht den Forderungen des Denkmalschutzgesetzes des Landes NRW, Denkmäler möglichst barrierearm weiterzubauen“, erklärte Dr. Andrea Pufke, Landeskonservatorin Rheinland (LVR). Sie forderte „architektonisch anspruchsvolle, bautechnisch effektive und innovative Lösungen“, die dem spezifischen Charakter des Denkmals gerecht werden müssten. „Die Bereitschaft zum Interessensausgleich muss auf allen Seiten da sein“, betonte Andrea Pufke.

Bewährte Lösungen als Grundlage nutzen

Der Landeskonservator Westfalen-Lippe, Dr. Holger Mertens (LWL), hob die Chancen hervor, die im Weiterbauen für Denkmäler liegen. „Es ist eine Tatsache, dass Baudenkmäler nur dann dauerhaft erhalten werden können, wenn sie auch genutzt werden können.“ Der höchst unterschiedliche bauliche Bestand erfordere allerdings immer wieder individuelle Lösungen. „Aus Sicht der Denkmalpflege wird es immer darum gehen, dass nicht zu stark in Substanz, Struktur oder Erscheinungsbild des Denkmals eingegriffen wird“, führte Landeskonservator Mertens aus. Er wies darauf hin, dass es für einige Problemstellungen bereits erprobte Lösungen gebe, die in leicht abgewandelter Form eingesetzt werden könnten. „Wichtig ist, Fachplanerinnen und Fachplaner einzubeziehen, die auf das Themenfeld spezialisiert sind und denen die DIN-Vorgaben und erprobte bauliche Lösungen bekannt sind.“

Mit Sorgfalt, Wertschätzung und Kreativität zum barrierefreien „Sonderfall Denkmal“

„Jeder Eingriff bedingt eine Zerstörung, zerstöre mit Verstand.“ Diese Forderung des Schweizer Architekturprofessors Luigi Snozzi zitierte Prof. Michael Schwarz in seinem Impuls zur Regionalkonferenz „Inklusiv gestalten“. Die Fragestellung nach der inklusiven Gestaltung, der Barrierefreiheit, sei in ihrem Kern eine alltägliche Notwendigkeit, die im „Sonderfall Denkmal“ mit Sorgfalt, Wertschätzung und Kreativität erfolgreich bearbeitet werden könne. Als Beispiel führte Prof. Schwarz das von seinem Büro „Spital-Frenking + Schwarz Architekten Stadtplaner“ sanierte und weitergebaute frühere „Museum am Ostwall“ in Dortmund an: Das älteste erhaltene Profanbauwerk im Innenstadtbereich der Westfalenmetropole wurde zum Sitz des „Baukunstarchivs NRW“ weiterentwickelt, das seit bald fünf Jahren ein lebendiges Dokumentations-, Forschungs- und Kommunikationszentrum ist.

Mit der Regionalkonferenz in Essen wurde eine Konferenzreihe fortgesetzt, die sich bundesweit mit dem Thema „Barrierefreies Bauen“ befasst. Die nächsten Termine sind „Regionalkonferenz der Architektenkammern Bremen und Niedersachsen“ am 25.5. (in Bremen) sowie „Regionalkonferenz der Architektenkammer Thüringen“ am 2.11.2023 (in Erfurt). Weitere Informationen >>>

zuletzt editiert am 04.05.2023