Fachwerk dämmen Deucker
Sanierungen im historischen Bestand wie bei diesem Fachwerkhaus erfordern angepasste Lösungen für die jeweiligen konstruktiven und bauphysikalischen Besonderheiten. (Abb.: JaKo Baudenkmalpflege)

Innendämmung 7. June 2016 Maßschneidern für historischen Bestand

In Fachwerkhäusern lässt sich die energetische Sanierung der Außenwände am besten mit einer innen liegenden Holzfaserdämmplatte in Kombination mit Lehmbaustoffen umsetzen, um Dämmung und Bestandsschutz zu vereinen. Regeldetails können dabei nur bedingt angewendet werden, da jedes historische Haus eine einmalige Bestandsstruktur hat. Das gilt insbesondere für den Anschluss der Innendämmung an Holzbalkendecken und Bodenplatte.

Sanierungen im historischen Bestand erfordern angepasste Lösungen für die jeweiligen konstruktiven und bauphysikalischen Besonderheiten. Dabei sind einerseits Standarddetails notwendig, um ein Projekt von Anfang an planen und die Kosten kalkulieren zu können, andererseits lässt die Individualität jedes historischen Gebäudes und seiner vielen Unbekannten nicht zu, im Voraus einheitliche Details zu entwickeln. Hier ist die Kreativität der Bauverantwortlichen gefragt. Denn bei der Restaurierung eines historischen Gebäudes ist es unerlässlich, eine speziell zugeschnittene energetische Lösung für alle Bauteile und Räume zu entwickeln. Diese kann unter Umständen komplett losgelöst von Normen und Regeln der Technik sein, aber für das Gebäude die genau richtige Lösung darstellen. Bei denkmalgeschützten Fachwerk- Außenfassaden hat sich die Anwendung von Holzhartfaser-Dämmplatten als Innendämmung in Kombination mit Lehmbaustoffen bewährt. So kann der mangelhafte sommerliche Wärmeschutz der Holzhartfaserplatte durch einen Wärme speichernden Innenlehmputz ausgeglichen werden. In Verbindung mit einer Wandheizung stellt sich für den Nutzer ein Behaglichkeitsgefühl ein, das er in konventioneller Bauweise nie erhält. Da der Schlagregenschutz einer Fachwerkfassade nie zu 100 Prozent gegeben ist, muss bei der Wahl des Wandaufbaus darauf geachtet werden, dass die Wand stets auch nach innen abtrocknen kann. Daher ist das Anbringen einer Dampfbremse für die gesamte Wandkonstruktion nicht zu empfehlen. Die oft mehrlagigen, bestehenden Tapeten wirken ebenfalls als Dampfbremse und müssen gänzlich entfernt werden. Ein Vorteil der Holzfaserdämmung ist in diesem Zusammenhang ihr hohes Wasserspeichervermögen. Dennoch ist darauf zu achten, dass es bei der Montage der Dämmplatten zu keinen Hohlräumen zwischen der Bestandswand und den Dämmplatten kommt, in denen Feuchtigkeit kondensieren und beispielsweise zu Schimmelbefall führen kann.

Weniger Dämmen bedeutet mehr Schadensfreiheit

Für die Wahl der richtigen Dämmstärke sind mehrere Kriterien entscheidend:

  • Bei einer Außenwand über circa 50 Zentimeter Dicke ist eine Innendämmung erfahrungsgemäß nicht notwendig.
  • Durch die Montage einer Wandheizung können tauwassergefährdete Bereiche wie ungedämmte Innenlaibungen oder einkragende Zwischenwände vor Schäden durch Tauwasser geschützt werden.
  • Empfehlenswert sind höchstens 5 Zentimeter Dämmstärke. Denn eine 10 Zentimeter dicke Holzfaserplatte innen an einer Fachwerkwand erhöht den Holzfeuchtegehalt deutlich, da sich die Wand nicht mehr so stark erwärmen kann. Gerade in den Wintermonaten und in den schlagregenreichen Herbstmonaten könnten die kritischen Holzfeuchtegrenzwerte für Insekten von 20 Masseprozent sowie 30 Masseprozent für Pilze deutlich überschritten werden.
  • Richtigerweise enthält die EnEV seit 2014 keine Anforderungen mehr an die Dämmstoffdicke. Dies zeigt auch, dass das Gebäude ganzheitlich zu betrachten ist. Mehr als zwei unterschiedliche Dämmstoffdicken sorgen in einem historischen Gebäude oft während der Ausführung nur für Verwirrung. Fenster, Türen, Dach sowie der nicht unterkellerte Fußboden müssen bauphysikalisch untersucht und so restauriert werden, dass sie im Einklang mit der Innendämmung stehen.

Anschlüsse an Holzbalkendecke sind technisch noch ungelöst

Bei der Planung muss darauf geachtet werden, dass die Innendämmung annähernd wärmebrückenfrei angeordnet wird. So sollten neu errichtete Zwischenwände stets an die durchgehend verlegte Innendämmung der Außenwände anschließen. In die Außenwand einbindende, bestehende Zwischenwände neigen ebenfalls zur Tauwasserbildung an den Oberflächen und müssen – wenn möglich – circa 50 Zentimeter in den Raum hinein gedämmt werden. Für den Anschluss der Innendämmung an eine Holzbalkendecke gibt es bis dato noch keine allgemeingültige technische Lösung. Durch das Anbringen der Innendämmung wird der Temperaturunterschied zwischen kühler Außenwand und warmen Deckenbalken erhöht, sodass nach der thermischen Sanierung mit mehr Tauwasser im Bereich des Deckenbalkenkopfes zu rechnen ist. Das fünfseitige Dämmen des einzelnen, einbindenden Deckenbalkenkopfes ist technisch zwar möglich, aber der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen. Auch der oft thematisierte „luftumspülte“ Deckenbalken ist auf der Baustelle technisch nur schwer umzusetzen. Zudem kann sich durch unkontrollierte Luftströmungen in Verbindung mit ungünstigem feuchten Raumklima Feuchtigkeit auf der Holzoberfläche anreichern. Auf einen ebenfalls möglichen chemischen Holzschutz wird aufgrund der gewünschten Konformität historischer Baustoffe nicht näher eingegangen. Entgegenwirken kann man nur mit sorptionsfähigen und diffusionsoffenen Materialien. So sollte die Schüttung des Fehlbodens zwischen den Deckenbalken mit 8 bis 10 Zentimeter Lehm gefüllt werden. Dieser kann die um den Deckenbalkenkopf entstehende Feuchte aufnehmen und je nach Raumklima wieder abgeben. Auch der Deckenzwischenraum darf bei der Montage der Innendämmung nicht außer Acht gelassen werden. Falls der Deckenbalkenkopf sichtbar in die Außenfassade eingelassen ist oder gar auskragt, ist es oft sinnvoller, die Dämmung im Deckenzwischenraum wegzulassen. Die enorme Temperaturdifferenz zwischen Wandinnenseite und Deckenbalken wird nämlich hier durch eine Innendämmung noch erhöht – in Verbindung mit eindringendem Schlagregen entsteht Tauwasser. Falls der Deckenbalkenkopf durch verputztes Mauerwerk vor Schlagregen geschützt und damit auch etwas gedämmt ist, empfiehlt sich, eine unverputzte direkt an die Deckenbalken anschließende Innendämmung im Zwischendeckenbereich zu montieren. 

Autor: Falk Deucker     

Dieser Beitrag ist Teil eines Artikels aus B+B BAUEN IM BESTAND, Ausgabe 01-2016

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zuletzt editiert am 09.04.2021