Prof. Dr. Wolfdietrich Kalusche und Prof. Dr. Bert Bielefeld, beide Beiratsmitglieder des Baukosteninformationszentrums Deutscher Architektenkammern (BKI), beleuchten in einem Artikel die Ursachen für die derzeitigen Preissteigerungen, führen die Ergebnisse der betroffenen Bereiche im Detail auf und geben Empfehlungen für die Kostenplanung.
Das BKI hat anlässlich der aktuellen Baukosten-Steigerungen eine bundesweite Befragung zu verschiedenen Leistungsbereichen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eindeutige Kostensteigerungen durch die bekannten Ursachen: zum Beispiel die hohe Auslastung bei Bauunternehmen und Handwerksbetrieben, der wachsende und andauernde Mangel an Baumaterialien sowie die Lieferengpässe bei diversen Rohstoffen.
In ihrem Artikel gehen Prof. Dr. Kalusche und Prof. Dr. Bielefeld zunächst auf die Ursachen der Preissteigerungen für Bauleistungen ein und stellen zunächst fest, dass diese Entwicklung bereits seit vielen Jahren zu beobachten, mithin keineswegs ausschließlich auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sei. Die angespannte Lage auf dem Markt für Bauleistungen sei unter anderem eine Folge der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Diese und eine Vielzahl von staatlichen Fördermaßnahmen hätten insgesamt die Geldmenge vergrößert. Das habe national wie international einen Anlagedruck ausgelöst, der sich in der Zunahme von Investitionen im Immobilienbereich bemerkbar mache.
„Zwischen August 2020 und August 2021 hat das statistische Bundesamt eine Kostensteigerung im Hochbau von 12,6 Prozent ermittelt. Das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage auf dem Markt für Bauleistungen erzeugt seit Jahren eine Preisspirale. Im Unterschied zu anderen Wirtschaftszweigen war die Baubranche in den letzten zwei Jahren vollständig ausgelastet. Während der Corona-Pandemie kamen auf Grund von grenzüberschreitenden Handelsbeschränkungen in bestimmten Bereichen Lieferengpässe als weiteres Problem hinzu, das preissteigernd wirkt. Hohe Auslastungen der Bauunternehmen und Handwerksbetriebe sowie regionale Mitarbeiter-Abwanderungen in andere Branchen (Personalknappheit) sorgen ebenfalls für preiserhöhende Faktoren“, so die beiden Professoren.
Derzeit gelingt es nicht die erhöhte Nachfrage aufzufangen
Mit Bereitstellung der Impfstoffe sei in der ersten Jahreshälfte 2021 ein zusätzlicher Investitionsschub entstanden. Während der Pandemie seien zurückgestellte oder verzögerte Baumaßnahmen weitergeführt worden. Die Autoren weiter: „Im Allgemeinen ist der Baustoffmarkt in der Lage, eine erhöhte Nachfrage in einzelnen Regionen durch Verschiebungen von Lager- und Produktionskapazitäten auszugleichen. Derzeit gelingt das nicht. Eine in vielen Ländern wahrnehmbare Aufbruchsstimmung verstärkt den bestehenden Nachfrageüberhang noch zusätzlich. Die Kapazitäten der Baustoffindustrie reichen zurzeit bei weitem nicht aus.
So sind zurzeit viele Materialien und Produkte nicht verfügbar. Die unerwartet gestiegene Nachfrage seitens China und den Vereinigten Staaten von Amerika wurde unter anderem durch notwendige Wiederaufbauten nach verschiedenen Naturkatastrophen ausgelöst. Baustoffe wie zum Beispiel Holz, sind auf einmal knapp und werden global nachgefragt. Die Preise steigen weltweit bei begrenzten Ressourcen und Abbaurechten.“
Durchschnittliche Preissteigerung der letzten Monate beträgt 20 Prozent
Das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKI) verfolgt diese Entwicklungen. Um eine Einschätzung der Preisentwicklung in diesen Zeiten zu erreichen, hat das BKI bundesweit Telefonbefragungen und eine bundesweite Umfrage über die Architektenkammern bei Architektur- und Planungsbüros durchgeführt. Im Zeitraum von Februar 2021 bis September 2021 kommt das BKI zu dem Ergebnis, dass trotz großer Unterschiede sowohl in Bezug auf die Region also auch Baustoffarten und Produkte eine durchschnittliche Preissteigerung von zirka 20 Prozent zu verzeichnen ist.
Das hat natürlich Auswirkungen auf die Angebotspreise, die Prof. Dr. Kalusche und Prof. Dr. Bielefeld wie folgt erklären: „Die vielen Bauverträgen zugrunde liegende VOB/B verfolgt das Prinzip der Preisbindung und sieht bei vertragskonformer Ausführung keine Anpassung, zum Beispiel über Preisgleitklauseln vor. [ …. ]. Handwerksbetriebe und Bauunternehmen sind seit dem Frühjahr des Jahres mit dem Problem konfrontiert, dass sie vermehrt Vertragsleistungen übernehmen und gleichzeitig mit stark steigenden Selbstkosten rechnen müssen. Vor allem bei einem hohen Materialkostenanteil kann die Beschaffung von Baustoffen und -produkten zu Verlusten, wenn nicht gar zur Existenzbedrohung führen. Deswegen kalkulieren viele Bauunternehmen und Handwerksbetriebe die Preisrisiken bei der Angebotserstellung mit ein. Auch wenn einzelne Preise, wie zum Beispiel für den Baustoff Holz, wieder leicht sinken, wirkt dies noch nach. Die Angebotspreise bleiben sehr hoch.“
Kostenprognose sollte erstellt werden
Die aktuellen Entwicklungen müssten bei der Kostenplanung berücksichtigt werden. Auf der Grundlage eines Kostenrahmens oder einer anderen frühen Kostenermittlung reiche es zurzeit nicht mehr, Kostenvergleiche durchzuführen und Kostendaten zu indexieren. „Das Aufstellen einer Kostenprognose mit einer realistischen Einschätzung der Kosten zum Abschluss des Projekts ist auf jeden Fall anzuraten. Bauherr*innen sollen auf dieser Grundlage prüfen, ob das Projekt, auch bei höheren Kosten, finanzierbar ist. Weiter hin soll sie/er sich der Wirtschaftlichkeit ihrer/seiner Investition sicher sein können.
Für die Architekt*innen geht es vor allem darum, dass sie den Bauherr*innen zu jeder Zeit in Bezug auf die Baukosten fachlich beraten und dieses auch dokumentieren. Risikobetrachtungen, Marktbeobachtungen, die Hinzuziehung der finanzierenden Bank und eines Steuerberaters sind für die Einschätzung der endgültigen Kosten ohne Zweifel eine wichtige Hilfe. Wenn auf Grundlage der Kostenprognose das Bauvorhaben aufgeschoben oder vielleicht sogar eingestellt wird, kann es das kleinere Übel sein. Eine Bauruine, ein/e überschuldeter Bauherr*in und eine Architekt*in, der schlechten Beratung beschuldigt, in Haftungs- und in Honorarstreitigkeiten verstrickt ist schlimmer.
Ob eine Vereinbarung von Preisgleitklauseln im Bauvertrag erfolgen soll, ist sorgfältig abzuwägen. Auf der einen Seite will der/die Auftraggeber*in Kostensicherheit erreichen. Auf der anderen Seite soll der/die Auftragnehmer*in mindestens kostendeckend arbeiten können. Ist dies nicht möglich, kann im schlimmsten Fall die Insolvenz des Unternehmens zu erheblichen Störungen im Bauablauf führen. Beide Parteien sollen die erfolgreiche Projektarbeit über die Absicht eines Preisvorteils auf der einen oder anderen Seite stellen.“ Weitere Informationen finden Sie auf der Website des BKI.