Auf dieser mit Hilfe von „adois“ erstellten Karte ist der unterschiedliche Versiegelungsgrad von Flächen in Recklinghausen farblich dargestellt. (Quelle: Prof. Dr. Christian Kuhlmann)

Bauwerkserhaltung 3. May 2023 KI erkennt versiegelte Flächen

Ein Forschungsteam der Westfälischen Hochschule hat in Zusammenarbeit mit dem Kreis Recklinghausen die Software „adois“ entwickelt, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basiert und vollautomatisiert versiegelte Flächen erkennen und klassifizieren kann. Eine wichtige Grundlage für die Umsetzung klimawirksamer Maßnahmen.

Die negativen Auswirkungen der Versiegelung städtischer Flächen sind in den vergangenen Jahren durch den Klimawandel immer offenkundiger geworden. Unter anderen hat sie erhöhte Oberflächenabflüsse und Überflutungsrisiken, höhere Temperaturen und Luftverschmutzung, sowie der Verlust von Lebensräumen für Pflanzen und Tiere zur Folge. Um etwas dagegen zu tun können, müssen versiegelte Flächen zunächst identifiziert werden. Genau dies war das Ziel eines vom Kreis Recklinghausen initiierten Projekts.

Vielfältige Daten dienten zum Anlernen der KI

Herausgekommen ist dabei die Software „adois“, die von einem 2019 gegründeten Forschungsteams der Westfälischen Hochschule, bestehend aus Prof. Dr. Christian Kuhlmann, Marius Maryniak und Alexander Roß, entwickelt wurde. Die Abkürzung steht für „Automatic Detection of Impervious Surfaces“ (Automatische Erkennung von undurchlässigen Oberflächen). Mit der Software ist Recklinghausen nun in der Lage, Versiegelungsflächen der kreiseigenen Liegenschaften automatisiert mittels Künstlicher Intelligenz (KI) zu erkennen und nach dem Grad der Versiegelung einzuteilen.

Als Datengrundlage zum Trainieren und Testen der neuronalen Netze dienten dabei unterschiedliche Daten, darunter Luftbildaufnahmen, Satellitenbilder sowie kommunale Bestandsdaten. Über einen Zeitraum von zwölf Monaten fütterten Prof. Kuhlmann und sein Team die Künstliche Intelligenz mit den vorliegenden Daten und entwickelten einen Algorithmus für die Klassifizierung der Flächen. Die Analyse verschiedener verfügbarer Datenquellen zeigte schnell, dass sich aufgrund der Anforderungen an die Genauigkeit der Versiegelungskarten Luftbildaufnahmen am besten dazu eignen. Darüber hinaus erhielt das Projektteam Zugriff auf Versiegelungskarten, die von dem EGLV für den Emscher-Lippe-Bereich manuell erstellt und kontinuierlich gepflegt werden. Diese Daten boten eine ideale Basis zum Trainieren der KI.

Komplexe Herausforderungen für Software-Entwicklung

„Die Herausforderung bei der Entwicklung bestand in der Konfiguration des Lernalgorithmus und der Aufbereitung der Trainingsdaten, um ein optimales Erkennungsergebnis mit einer Genauigkeit von 20 Zentimetern zu erzielen“, so Prof. Kuhlmann vom Fachbereich Elektrotechnik der Westfälischen Hochschule. „Außerdem haben wir Wert auf die nutzungsfreundliche und praxistaugliche Aufbereitung der Daten gelegt. Die Erkennungsergebnisse werden als vektorisierte, georeferenzierte Versiegelungskarten ausgegeben. Darüber hinaus können Nutzende eine beliebige Flächeneinteilung eines Gebietes vorgeben. Unsere Software weist dann jeder Einzelfläche den prozentualen Anteil der Versiegelung zu, unterschieden nach Gebäudeflächen und sonstigen versiegelten Oberflächen. So werden per Knopfdruck bedarfsgerechte Versiegelungskarten erzeugt“, so Marius Maryniak, der hauptsächlich die Implementierung des Systems durchgeführt hat.

Entscheidungshilfe für das kommunale Flächenmanagement

Im März 2023 konnte das Forschungsteam mit „adois“ eine einsatzfähige Software an den Kreis Recklinghausen übergeben. Trotz der großen zu verarbeitenden Datenmenge benötigt diese vergleichsweise wenig Rechenleistung. Die Software steht frei unter einer Open-Source-Lizenz zur Verfügung. „Die Flächenversiegelung im Ruhrgebiet hat zu einer Beeinträchtigung der ökologischen und sozialen Funktionen in diesem urbanen Raum geführt. Die Software bietet eine wichtige Unterstützung bei der zielgenauen Planung und Bewertung von Maßnahmen für mehr Klima- und Umweltschutz in unseren Städten und bei der Umsetzung eines nachhaltigen, kommunalen Flächenmanagements“, so das Fazit von Jutta Emming vom Team Klima des Kreises Recklinghausen. Weitere Informationen >>>

zuletzt editiert am 03.05.2023