Bagger reißt Haus ab
Die Betriebe des Abbruch-, Sanierungs- und Recyclingbranche des Abbruchverband Nord haben die Herausforderungen der Corona-Pandemie offenbar gut gemeistert. (Quelle: Pixabay)

Betrieb 5. July 2023 Gestiegene Kosten und Sorge vor Auftragsrückgängen

Deutschland im Krisenmodus: Wie belasten nach überwundener Corona-Pandemie die Auswirkungen des Ukraine-Krieges die Unternehmen? Gestiegene Materialkosten, massiv erhöhte Energiekosten und Zinssteigerungen belasten die gesamte Wirtschaft – speziell auch die Bauwirtschaft und damit zugleich die Abbruch- und Sanierungsbetriebe. Wie beurteilen die Mitgliedsbetriebe des Abbruchverbands Nord die Konjunkturaussichten angesichts dieser neuen Herausforderungen? 

Der Abbruchverband Nord ist ein bundesweiter Fachverband für Betriebe der Abbruch, Sanierungs- und Recyclingbranche. Er hat 196 ordentliche und 16 außerordentliche Mitgliedsbetriebe. Wie ist das zurückliegende Geschäftsjahr 2022 gelaufen, wie sind die Aussichten für 2023? Gefragt wurden die Mitgliedsbetriebe zum Jahreswechsel insbesondere nach

  • Auftragslage
  • Beschäftigungssituation
  • Wirtschaftsförderung

Dabei zeigte sich, dass die wirtschaftlichen Belastungen des Ukraine-Kriegs und die gestiegenen Energiekosten bislang offenbar noch nicht so stark auf die Auftragslage durchgeschlagen sind, wie zuvor die Coronakrise.  Eine große Sorge der Betrieb besteht gegenüber einer Zurückhaltung von Aufträgen angesichts schwieriger gesamtwirtschaftlicher Aussichten. Ein Blick auf die Zahlen:

Auftragslage

Die Auftragslage hat sich im zurückliegenden Jahr 2022 offenbar sogar gegenüber dem Vorjahr verbessert, wie ein Vergleich der Werte für 2021 (Werte in Klammern) und 2022 zeigt: laut (63 %) 46 Prozent der Umfrageteilnehmer ist die Auftragslage unverändert gewesen, (15 %) 10 Prozent gaben eine Verschlechterung an und (20 %) 36 Prozent sogar eine Verbesserung. Offenbar belasten der Ukraine-Krieg und insbesondere die massiven Erhöhungen der Energiekosten die Auftragslage für Abbruch-, Sanierungs- und Recyclingbetriebe aktuell noch nicht so stark wie zuvor die Corona-Pandemie.

Groß war die Sorge, Auftraggeber könnten angesichts schwieriger wirtschaftlicher Zeiten Ausschreibungen oder die Ausführung von Aufträgen zurückhalten. Dies ist offenbar (noch) nicht so stark der Fall, wie befürchtet, und bei der öffentlichen Hand (Werte in Klammern) weniger stark ausgeprägt als bei privaten Auftraggebern.

Halten Auftraggeber Ausschreibungen oder Auftragserteilungen zurück? Für Ausschreibungen gaben hierzu (16 %) 33 Prozent ja an und (62 %) 51 Prozent nein. Für Auftragserteilungen gaben (8 %) 16 Prozent ja an und (49 %) 48 Prozent nein. Dies ist besorgniserregend. Denn eine Zurückhaltung von Ausschreibungen in der Größenordnung von 16-33 Prozent schlägt zeitverzögert voll auf die Betriebe durch. Hierbei sind offenbar gerade die privaten Bauherren zurückhaltender. Potenzielle Ursachen dürften unter anderem in den Taxonomie-Anforderungen der EU, einem fast schon hektischen Aktionismus in der Energiepolitik, ohne ausreichenden „Vorwarnzeit“ für die Wirtschaft und nicht zuletzt in den spürbar erhöhten Zinsen zu suchen sein.

Beschäftigungssituation

Die Beschäftigungssituation ist bei Abbruch und Sanierung gut. 23 Prozent der Teilnehmer planen für 2023 die Neueinstellung von Mitarbeitern, teils sogar im zweistelligen Bereich. Die Kurzarbeit nahmen ab. Bei 89 Prozent (Vorjahr 80 %) der Teilnehmer gab es 2022 keine Mitarbeiter in Kurzarbeit.

Wirtschaftsförderung

Die Bedeutung der Wirtschaftsförderung scheint mit Auslaufen der Corona-Pandemie vorerst abzunehmen. Nur 5 Prozent hatten Hilfen beantragt und 69 Prozent halten die Wahrscheinlichkeit, derartige Hilfen im Jahr 2023 beantragen zu müssen, für gering.

Keine Umfrage ohne Raum für individuelle Anmerkungen, die schlaglichtartig Stimmungen und Probleme beleuchten. Dabei zeigte sich ein deutlicher, weil unabhängig und mehrfach genannter, Punkt: die stark gestiegenen Kosten bei Kraftstoffen und Entsorgung, die teils nur schlecht oder gar nicht an die Auftraggeber weitergegeben werden können. Dabei sind Entsorgungskosten ein bedeutsamer Punkt. Denn Kreislaufwirtschaft als Werkzeug der Nachhaltigkeit erfordert die Auseinandersetzung mit der Frage, was mit dem Material und den Bauteilen aus dem Rückbau konkret passieren soll. Nachnutzung oder Entsorgung? Wem gebührt die Wertschöpfung aus dem Material, wer trägt die Kosten?

Fazit: Die Betriebe des Abbruch-, Sanierungs- und Recyclingbranche des Abbruchverband Nord haben die Herausforderungen der Corona-Pandemie offenbar gut gemeistert. Aber auch wenn die meisten Betriebe positiv in das Jahr 2023 blicken, zeichnen sich mit der Sorge über gestiegenen (Energie-) und Entsorgungskosten erste dunkle Wolken ab.  Die einfachste, kosten-neutralste und damit beste Wirtschaftsförderung sind indes Aufträge. Insbesondere die öffentliche Hand als Bauherr und potenzieller Auftraggeber hat hier ein starkes Werkzeug an der Hand. Denn der Bedarf im Wohnungsbau sowie bei der Sanierung von baulicher Infrastrukturobjekten bietet großes Potenzial – nicht nur für den Sektor Bau, sondern für den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland.

www.abbruchverband.de

zuletzt editiert am 05.07.2023