Ende Januar fand der DCONex Fachkongress mit begleitender Ausstellung erstmals im Messe und Congress Centrum Halle Münsterland statt. An zwei Tagen stand das Thema Schadstoffmanagement im Mittelpunkt, Experten nutzten die Veranstaltung zum intensiven Wissenstransfer.
An beiden Veranstaltungstagen kamen jeweils über 500 Teilnehmer und Besucher zur DCONex nach Münster, dem jährlichen Treffpunkt für alle am Bau beteiligten, die sich über den richtigen Umgang mit Schadstoffen wie Asbest, Schimmelpilze, PCB und Radon informieren möchten. Das Erkennen, Bekämpfen und die fachgerechte Entsorgung von Schadstoffen sind die wichtigsten Aspekte im Kongressprogramm der DCONex. Geänderte Regelungen und Vorschriften, aktuelle Entwicklungen und neueste Erkenntnisse standen dieses Jahr im Vordergrund. In der begleitenden Fachausstellung präsentierten rund 40 Aussteller Lösungen und Produkte für das Schadstoffmanagement.
Grünes Licht für die überarbeitete Gefahrstoffverordnung gab Dipl.-Ing. Andrea Bonner von der BG Bau in Karlsruhe gleich zu Beginn der Vortragsreihe „Neue Entwicklungen seit der DCONex 2023“ am ersten Veranstaltungstag. Der Referentenentwurf zur Gefahrstoffverordnung sei endlich vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht.
Im Entwurf zur Änderung der Gefahrstoffverordnung seien unter anderem Regelungen für Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B neu gefasst. Zudem seien insbesondere Regelungen für Tätigkeiten mit Asbest neu aufgenommen, die Begriffsbestimmungen erweitert, neue Anforderungen beim Sicherheitsdatenblatt sowie sonstige Informations- und Mitwirkungspflichten eingeführt worden. Darüber hinaus wurden bei der Überarbeitung beispielsweise neue Erkenntnisse hinsichtlich des Asbest-Vorkommens in Putzen, Abdichtungen und anderen Produkten berücksichtigt, die wiederum automatisch neue Schutzmaßnahmen erfordern. Aber auch Begrifflichkeiten wie beispielsweise Abbruch, Sanierung und Instandsetzung wurden noch einmal klarer definiert, auch um die Vollzugskontrolle auf den Baustellen zu erleichtern.
Mit dem „kleinen Schein“ gegen Asbest
Im darauffolgenden Themenblock „Neue Rechtsanforderungen in der Praxis“ ging es um die Anpassungen in Sache Asbest in der TRGS 519. Abbruch- und Sanierungsarbeiten, bei denen asbesthaltige Materialien vorkämen, dürfen nur von einer sachkundigen Verantwortlichen Person (VP) vorgenommen werden. In der Regel sei dies der Unternehmer oder ein Meister mit leitender Funktion im Unternehmen, der einen Sachkundenachweis nach TRGS 519 Anlage 4c („kleiner Schein“) erworben habe, so Andrea Bonner, die auch zu diesem Thema referierte. Stünden Abbruch- und Sanierungsarbeiten von asbesthaltigen Materialien an, seien diese grundsätzlich spätestens sieben Tage vor Arbeitsbeginn anzuzeigen. Dabei sei nach objekt- oder unternehmensbezogenen Anzeigen zu unterscheiden, die sich nach Exposition und Arbeitsumfang differenzieren.
Betriebe, die Tätigkeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern (PSF) ausführen, müssten diese lediglich in einer unternehmerbezogenen Anzeige nach TRGAS 519 Anlage 1.1 der zuständigen Arbeitsschutzbehörde mitteilen. Dadurch seien keine baustellenbezogenen (objektbezogenen) Anzeigen erforderlich.
Faser- und Betonrecycling von Carbon- und Textilbeton
Dem Thema „Faser- und Betonrecycling von Carbon- und Textilbeton unter Berücksichtigung der Auswirkungen von Störstoffen auf etablierte mineralische Rohstoffkreisläufe“ nahm sich Prof. Dr.-Ing. Anya Vollpracht vom Institut für Baustoffforschung der RWTH Aachen an. Die Materialvielfalt und die Anteile an Faserverbundwerkstoffen im Wertstoffkreislauf, auch in der Baubranche, nähmen seit Jahren zu. Hier steige der Einsatz von Carbon-, Glas- und Basaltfasern insbesondere beim Einsatz als gitterartiges Bewehrungstextil in Textilbeton (TRC) und als Kurzfaser in Faserbeton (FRC). Daher müssten bereits heute Lösungen für immense Textilbeton-Produktionsabfälle – je nach Herstellungsverfahren zwischen 20 und 45 Prozent des Inputs – gefunden werden.
Weiter führte sie aus, dass vor dem Hintergrund des steigenden Einsatzes von Textil- und Faserbeton, des ungewissen Verwertungswegs und der Frage nach der Arbeitssicherheit im Umgang mit diesen Materialien, ein Forschungsvorhaben „FaBeR“ initiiert worden sei. In diesem Projekt sei eine stofflich hochwertige, unschädliche Nutzbarmachung der Mineralik- und Faserfraktionen von zu recycelnden Textilbetonbauteilen zum Wiedereinsatz in der Produktion von mineralischen Hochleistungswerkstoffen entwickelt worden. Zudem solle die gesundheitliche Unbedenklichkeit möglicher Faseremissionen über den gesamten Aufbereitungs- und Verwertungszyklus sichergestellt werden. Zum Abschluss des Forschungsvorhabens werde eine LCA und eine ökonomische Bewertung der entwickelten Baumaterialien erfolgen.
Strangsanierung in parallel weiter genutzten Immobilien
Mit einer Nutzungsdauer von nunmehr rund 60 Jahren würden mehr und mehr umfangreiche Sanierungsmaßnahmen erforderlich, so der nächste Referent Dipl.-Bau-Ing. Michael Mund vom Ingenieurbüro Mund aus Frankfurt. Der Grund hierfür läge oftmals in durchgerosteten Trinkwasser- und Heizungsleitungen, zugesetzten Abwasserrohren, defekten Wasseruhranschlüssen, abgenutzten Bodenbelägen usw. Dazu gäbe es zunehmend brandschutztechnische Auflagen seitens der Bauämter und Anforderungen an die technischen Installationen. Irgendwann sei der Moment gekommen und eine Komplettsanierung stehe an.
Die Ausführung einer Strangsanierung in bewohnten Hochhäusern sei in diesen Fällen bereits mehrfach mit Erfolg vorgenommen worden. Bei reibungsarmem Zusammenspiel der Beteiligten Fachplaner und Firmen sowie unter Berücksichtigung, dass Mieter Menschen und keine Baustelleneinrichtungsgegenstände seien, ließen sich bei deutlich höherem Planungs- und Überwachungsaufwand trotzdem Mehrkosten in großer sechsstelliger Höhe vermeiden, wie sie ansonsten bei komplettem Leerstand entstünden.
Derartige Projekte seien allerdings keine „normalen“ Maßnahmen, weil die Sanierung bei Weiternutzung der Häuser, insbesondere Hochhäusern einer Operation am offenen Herzen gleiche. Von einer Bauleitung werde dabei verlangt, den Bau auch tatsächlich zu leiten.
Der zweite Veranstaltungstag in Münster

Dipl.-Ing. Robert Texter von der Buhck Umweltberatung GmbH aus Hamburg forderte am zweiten Tag in seinem Vortrag „Möglichkeiten und Grenzen Trenntechnik Asbest“ klare und praxistaugliche Regelungen für den Umgang mit Bau- & Abbruchabfällen bei Asbestvorkommen. Bis funktionsfähige und wirtschaftliche Sortiertechnologien zur Verfügung stünden, müsse die Verantwortung für asbestfreie Bau- und Abbruchabfälle und damit für asbestfreie Recyclingbaustoffe auf alle am Rückbau-, Recycling- und Verwertungsprozess Beteiligten (Bauherr, Gutachter, Abbruchunternehmer, Entsorger, Recyclingunternehmen) ausgeweitet werden.
Recycling von mineralischen Bauabfällen sei ökologisch und ökonomisch sinnvoll und notwendig! Eine hohe Recycling- und sonstige Verwertungsquoten nur erreichbar, wenn die „richtigen“ Baustoffe verwendet würden. Daher plädiert Texter für einen Nachhaltigkeitspass für Gebäude, um die richtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Materialkreislauf zusammenzulegen. Schadstoffe müssten bereits bauseits ausgeschleust werden und keine Verteilung im Recyclingkreislauf mehr stattfinden. Dabei käme der öffentlichen Hand eine Art Vorbildfunktion zu, im Rahmen ihrer Bautätigkeit und Beschaffung zur Förderung der Akzeptanz beizutragen. Darüber hinaus seien verpflichtende Rezyklateinsatz-Quoten und Normen für Rezyklate bei der Baustoffproduktion erforderlich.
Immer der Nase nach 2.0
Belästigungen durch Gerüche, auch im Zusammenhang mit gesundheitlichen Beschwerden, sind wichtige Themen in der raumlufthygienischen Bewertung von Innenräumen. In diesem Zusammenhang stellte Dr. Sonja Pfeil vom ARGUK-Umweltlabor GmbH in Oberursel in einem der letzten Themenblöcke der DCONex den neu überabeiteten AGÖF-Geruchsleitfaden 2.0 vor.
Der Geruchsleitfaden bietet eine standardisierte Form der Untersuchung und Bewertung von Gerüchen in Innenräumen und behandelt die Durchführung von sensorischen Geruchsprüfungen durch zertifizierte Prüfer vor Ort, nebst Empfehlungen für die Erstellung einer Gesamtbeurteilung eines Geruchsereignisses. Damit diene er der kontextbezogenen Bewertung von Gerüchen in Innenräumen, so Pfeil. Parallel dazu sei ein AGÖF-Geruchstest zur Qualifizierung und Zertifizierung der Prüfer entwickelt worden.
Den Abschluss des Themenblocks und der zweitägigen Veranstaltung übernahm Dipl. Ing. Martina Clemens-Ströwer mit ihrem Vortag zu „Schadensfällen durch Geruchsentwicklungen in neuen und alten Gebäuden – Fallbeispiele aus der Praxis“. Die öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige referierte dabei anhand von Fallbeispielen über die Vorgehensweise bei Geruchsauffälligkeiten. So sei es wichtig vorab die Gebäude- und Geruchshistorie zu ermitteln, den Geruch zu charakterisieren und in Anlehnung an den AGÖF-Geruchsleitfaden zu bewerten. Daran anschließend sollte ggf. eine Durchführung von Raumluftunterprobenahmen zur chemischen und/oder mikrobiologischen Analyse erfolgen sowie Probenahmen von Materialien zur chemischen oder geruchlichen Untersuchung. Erst zum Schluss könne anhand der vorhergehenden Untersuchungen die Geruchsursachen ermittelt werden.
Kurze Wege und kommunikative Atmosphäre in Münster
Die fachlichen Träger der DCONex sind der GVSS Gesamtverband Schadstoffsanierung und die RM Rudolf Müller Medien. Veranstalter ist der private Messeveranstalter AFAG Messen und Ausstellungen. Die DCONex fand 2024 erstmals am neuen Standort in Münster statt. Markus Langenbach, stellvertretende Leitung Geschäftsbereiche Bauen und Handel, RM Rudolf Müller Medien, zog eine positive Bilanz: „Die elfte Ausgabe der DCONex, mit dem Veranstaltungsort Münster, war für RM Rudolf Müller Medien eine sehr gelungene Veranstaltung. Der neue Ort wurde von den Teilnehmern gut angenommen, ebenso stieß das neue Themengebiet Prüfanalytik auf großes Interesse. Die Schadstoffsanierung ist eine äußerst wichtige Bauaufgabe, gerade hinsichtlich gesundheitlicher Aspekte, gepaart mit der großen Sanierungsaufgabe, die alle Bauschaffenden hinsichtlich des Klimawandels vor sich haben. Die DCONex trägt dem zum Beispiel Rechnung, indem sie schon heute über die Recycling- Möglichkeiten nachhaltiger Verbund-Baustoffe wie Carbonbeton informiert.“ Wenn Sie mehr über die Veranstaltung erfahren und mitdiskutieren möchten, besuchen Sie uns im nächsten Jahr in Münster! Die nächste Ausgabe des DCONex-Fachkongresses mit begleitender Ausstellung findet am Dienstag, 28. und Mittwoch, 29. Januar 2025 im MCC Halle Münsterland statt. Weitere Informationen >>>
Aussteller-/Teilnehmer-Stimmen
Christoph Hohlweck, Vorstandvorsitzender des Gesamtverbands Schadstoffsanierung GVSS, zeigt sich mit dem Standortwechsel und dem Verlauf der DCONex 2024 sehr zufrieden: „Dass wir mit der DCONex 2024 wieder ganz nah an den aktuellen Entwicklungen dran sind, konnten wir mit unseren Referenten beweisen. Beispielhaft sei der Verfahrensstand bezüglich der Novelle Gefahrstoffverordnung genannt. Die Diskussionen um die Implementierung der Bauherrenverantwortung und des Stichtags 31.10.1993 (Verwendungsverbot Asbest, Anm.d.Red.) wurden auch intensiv auf der DCONex geführt. Auswirkungen ins Baurecht, auf die Regelungen im Abfallbereich, wie zukünftig geforscht werden kann und muss, war beherrschendes Thema der zwei Kongresstage.“
Dr. Gunnar Ries, Diplom-Mineraloge, CRB Analyse Service GmbH war als Referent im neuen Vortragsblock zum Thema „Asbestanalytik“ bei der DCONex mit dabei: „Der neue Veranstaltungsort, das MCC Halle Münsterland, hat sich unserer Ansicht nach sehr gut bewährt. Die Vorträge waren wieder spannend, ganz besonders freut es uns natürlich, dass der Vortragsblock zur Asbestanalytik so gut aufgenommen wurde, dass sogar ein größerer Veranstaltungssaal notwendig wurde. Das zeigt, dass hier allem Anschein nach ein hoher Informationsbedarf bestand. Wir hatten hier, wie auch bei den anderen Blöcken, sehr hochkarätige Referenten.“
Auch ausstellerseitig wird der neue Standort und die damit verbundene Weiterentwicklung begrüßt, so auch von Oliver Becker, Geschäftsführer der Competenza GmbH: „Mit der Entscheidung, die DCONex nach Münster zu verlegen, ist den Verantwortlichen wieder ein weiterer guter Schritt nach vorne gelungen. Von Augsburg über Essen nach Münster gibt es eine positive Entwicklung dieses Fachkongresses, bei dem alle Beteiligten profitieren.“