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Die Carolabrücke ist eine wichtige Verkehrsader der Stadt Dresden (Alle Abb.: Stefan Gröschel, TU Dresden)

Betoninstandsetzung 21. January 2021 Carbonbeton für die Carolabrücke

Die Carolabrücke ist ein wichtiges Element des Dresdner Stadtverkehrs. Die 50 Jahre alte Brücke über die Elbe ist marode und muss saniert werden. Bei den Baumaßnahmen werden auch Bewehrungen aus Carbon eingesetzt. Der innovative Baustoff soll die Rissbreite reduzieren.

Die Dresdner Carolabrücke wurde 1971 errichtet. Sie ist insgesamt 32 Meter breit und besteht aus drei getrennten Brückenzügen. Auf ihr verlaufen vier Fahrspuren der Bundesstraße 170, zwei Straßenbahngleise und zwei Fuß- und Radwege. 2018 ermittelte die Stadtverwaltung, dass täglich circa 38.000 Fahrzeuge und 4.600 Fahrräder über die Brücke fahren. Dies veranschaulicht, wie wichtig sie für Dresden ist. Der Überbau wurde 1996 zum letzten Mal saniert. Eine Vielzahl von Vorschäden, resultierend aus der mangelhaften Unterhaltung zu DDR-Zeiten, und der normale Verschleiß haben dazu geführt, dass die gesamte Brücke jetzt grundlegend instandgesetzt werden muss. Die Instandsetzung soll in drei Bauabschnitten geschehen: Begonnen wurde mit dem elbaufwärts gelegenen Brückenzug A, der in einem besonders schlechten Zustand war. Bis Mitte 2021 soll dieser Abschnitt fertig sein, die Sanierung der beiden anderen Brückenzüge folgt und wird frühestens 2024 abgeschlossen sein.

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Auf der Carolabrücke befinden sich vier Fahrspuren, zwei Straßenbahngleise und zwei Fuß- und Radwege. (Alle Abb.: Stefan Gröschel, TU Dresden)

Brückenkappe wurde deutlich verbreitert
Um den geänderten Vorschriften und dem erhöhten Radverkehrsaufkommen Rechnung zu tragen, mussten Geh- und Radweg auf der Oberstromseite von 3,60 Metern auf 4,25 Meter verbreitert werden. Der Auftrag ging an die Firma Hentschke Bau aus Bautzen. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass es im Betonbau immer wieder neue Verfahren und innovative Produkte einsetzt und dabei bemerkenswerte Objekte schafft. Bei der Carolabrücke gehörte es zu den Aufgaben des Bauunternehmens, den Fahrbahnbelag einschließlich der Brückenabdichtung zu erneuern, schadhafte Stellen am Spannbetontragwerk instand zu setzen, die Fahrbahnübergangskonstruktionen auszutauschen und die Brückenentwässerung funktionsfähig zu machen. Besonderes Augenmerk lag jedoch auf der neuen, deutlich verbreiterten Brückenkappe auf der Oberstromseite. Brückenkappen sind üblicherweise nicht tragende Elemente, die auf dem tragenden Brückenquerschnitt aufliegen. Sie schützen die tragende Brückenkonstruktion an den Bauwerksrändern und dienen beispielsweise als Fahrrad- und Fußweg. Auf ihnen werden meist die Brückengeländer und die Beleuchtung montiert.
Bei der Carolabrücke waren die Brückenkappen besonders in Mitleidenschaft gezogen worden, da sie bei der letzten Brückensanierung nicht mit erneuert worden waren. Weil die Kappe verbreitert werden sollte, kragt die neue Kappe stark aus und wird so selbst zur tragenden Konstruktion. Die Herstellung auf einem üblichen Schalgerüst war aufgrund der Lage über der Elbe und der relativ großen, neu herzustellenden Auskragung nicht möglich. Als Lösung sah die Planung daher eine Halbfertigteillösung vor. Die Unstetigkeiten im Kappenquerschnitt, die auf den vielen Stoßfugen der Fertigteile basieren, stellen ein hohes Risiko bezüglich der Rissbildung in der fertigen Kappe dar. Dies könnte zur Reduzierung der Dauerhaftigkeit führen. Um dem entgegen zu wirken, wurde oberflächennah eine zusätzliche Nichteisenbewehrung angeordnet.
Da es sich hier um einen ersten Großversuch handelt, wurden zwei verschiedene Materialien, Carbon- und Basaltbewehrungen, eingebaut. Hierbei soll geprüft werden, wie gut sich die Materialien verarbeiten lassen und wie sie sich langfristig verhalten. Um einen objektiven Vergleich zu ermöglichen, bestand der Auftraggeber auf der Verarbeitung eines üblichen Kappenbetons. Versuche, die die TU-Dresden an Probekörpern durchführte, haben gezeigt, dass im Vergleich zu konventionell bewehrten Bauteilen die Rissweite etwa halbiert werden kann. Dadurch verringert sich das Korrosionsrisiko und die Lebensdauer des Bauteils wird verlängert.
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Carbonbewehrungen sind nachhaltig und ressourcenschonend
Carbonbewehrungen bringen zahlreiche Vorteile mit sich. Der wichtigste: Sie korrodieren nicht. Um die Armierung bei einer herkömmlichen Stahlbetonkonstruktion vor dem Rosten zu schützen, ist es erforderlich, sie mit einer mindestens 5 Zentimeter dicken Betonschicht zu überdecken. Dies ist bei Carbon nicht nötig. Hier dient der Beton lediglich dazu, die Bewehrung mit dem restlichen Bauwerk kraftschlüssig zu verbinden. Dadurch kann die Betonmenge reduziert werden. Das bedeutet, es sind leichtere und schlankere Bauteile möglich. Zudem werden natürlich weniger Zuschlag, Zement und Wasser verwendet, was nicht nur die Baukosten reduziert, sondern sich auch positiv auf die Umwelt auswirkt.
Darüber hinaus ist eine Carbonbewehrung wesentlich leichter als eine Bewehrung aus Stahl. Auch langfristig ist das Bauen mit Carbonbeton ein echter Gewinn. Da die Bewehrung nicht korrodiert, sind Gebäude oder Bauteile aus diesem Material äußerst wartungsarm und langlebiger. Zusammengefasst bedeutet dies: Die Verantwortlichen hatten neben der reduzierten Rissweite zahlreiche gute Gründe, den innovativen Baustoff für die Sanierung der Dresdner Brücke einzusetzen.

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Nach detaillierten Voruntersuchungen entschieden sich die Verantwortlichen für die Carbonbewehrung „Solidian Remat“.

Vorversuche mit mehreren Carbonbewehrungen
Risse im Stahlbeton sind normal. Bei auf Zug oder Biegung belasteten Stahlbetonbauteilen gehören sie sogar zum Prinzip der Lastabtragung. Doch zu viele und zu große Risse beeinträchtigen Tragfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit der Betonelemente. Deshalb sollten in die Dresdner Brücke dünne Carbonbetonmatten in die obere Betonschicht eingearbeitet werden. Um herauszufinden, welches Produkt sich am besten für diese Aufgabe eignet, führten die Verantwortlichen mit mehreren Carbonbewehrungen Vorversuche im Maßstab 1:1 durch. Es wurde untersucht, wie gut sich das jeweilige System einbauen lässt, wie viel Zeit dafür erforderlich ist, ob die Baustellenmannschaft besonders geschult werden muss und vieles mehr.
Den Zuschlag erhielt schließlich die Bewehrungsmatte „Solidian Remat“. Sie besteht aus einzelnen Carbonstäben, die mittels spritzgegossener Verbindungspunkte zu einem Gitter verknüpft werden. Da sie zahlreichen Chemikalien, Tausalzen und anderen dauerhaft aggressiven Umwelteinflüssen standhält, ist sie prädestiniert für den Einsatz im Brückenbau. Der Hersteller Solidian bietet die Bewehrungsmatte in einer Länge von 6 Metern und einer Breite von 2,3 Metern an. Die Standardmatten haben einen Stabdurchmesser von 4 bis 12 Millimetern und einen Gitterabstand von 150 Millimetern. Auf Wunsch können sie auch mit anderen Stabdurchmessern und Gitterabständen geliefert werden. Bei der Carolabrücke wurden Matten mit einem Gitterabstand von 10 Zentimetern und einem Stabdurchmesser von 4 Millimetern eingesetzt.

Betondeckung beträgt nur 2 Zentimeter
Bevor die neuen Brückenkappen montiert werden konnten, mussten die Mitarbeiter der Firma Hentschke Bau zunächst die alten vollständig rückbauen. Erst nach den erforderlichen Betonsanierungen und der Herstellung der neuen Abdichtungsebene war es möglich, die Fertigteile auf die äußeren Ränder der Brücke zu heben und die ergänzende Stahlbewehrung anzubringen. Auf dieser befestigten sie mithilfe von Abstandhaltern die Carbonbewehrung. Um die Rissbreite gering zu halten, sollte diese möglichst weit oben im Beton integriert werden. Ursprünglich war eine Betondeckung von lediglich einem Zentimeter vorgesehen. Die Vorversuche ergaben aber, dass dies unter Berücksichtigung der erforderlichen Einbautoleranzen nicht realisierbar war. Daher einigte man sich auf eine planmäßige Betondeckung von nur 2 Zentimetern. Die Kappe auf der Oberstromseite ist bereits fertiggestellt, Geländer und Beleuchtung sind montiert. Aktuell wird die Kappe auf der Unterstromseite erneuert.
Dipl.-Ing. Claudia El Ahwany

Weitere Informationen: www.solidian.com , www.hentschke-bau.de

zuletzt editiert am 09.04.2021