„Es gibt beim Thema Luftdichtheit immer noch viele Dinge, die unklar sind oder die wir vereinfachen können“, sagte Tagungsleiter Wilfried Walther vom Energie- und Umweltzentrum am Deister (e-u-z) zur Begrüßung der über 100 Teilnehmer des 12. Buildair-Symposiums – dieses Mal rein digital.
Der Bedarf an Fortbildung und Austausch über diese für die Energieeffizienz von Gebäuden wichtige Funktion ist also weiterhin vorhanden. Entsprechend engagiert widmeten sich die Referenten neuen Erkenntnissen aus Praxis und Forschung sowie Lösungsvorschlägen und Diskussionsbeiträgen für noch nicht endgültig geklärte Fragen. Auf einige aus B+B-Sicht interessante Inhalte wollen wir näher eingehen.
Was regelt das GEG zur Luftdichtheit?
Im Überblick „Informationen aus den Ländern“ ging Oliver Solcher, Geschäftsführer des Fachverbandes Luftdichtheit im Bauwesen (FLiB), auf Regelungsänderungen durch das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) ein. Grundsätzliche Anforderungen an die Luftdichtheit werden jetzt in § 13 geregelt, die Anforderungen an die Prüfung separat in § 26. Danach ist die Luftdichtheit nach DIN EN ISO 9972:2018-12, Anhang NA zu prüfen. Die Präparation des Gebäudes wird in der Norm genau beschrieben: Öffnungen sind zu schließen. Können sie nicht geschlossen werden, bleiben sie wie im Nutzungszustand unverändert. Das gilt auch für Rauch- und Wärmeabzüge.

Um Förderungen für energetische Maßnahmen zu erhalten, ist ein Nachweis einer wärmebrückenreduzierten und luftdichten Ausführung erforderlich. Der FLiB hat hierzu eine Planungs- und Nachweishilfe erarbeitet, die bei der KfW und dem BAFA zur Anerkennung eingereicht wurde.
Französische Datenbank liefert Informationen über Leckagen
In Frankreich müssen die Messdienstleister ihre Ergebnisse für Wohngebäude in eine Datenbank einspeisen. Für Nichtwohngebäude ist dies nicht verpflichtend, die Ergebnisse werden aber teilweise ebenfalls gemeldet. Darüber berichtete Bassam Moujalled.
So sind mittlerweile 442.000 Datensätze eingespeist worden. Unter anderem werden dort auch die festgestellten Leckagen erfasst und in insgesamt 46 Kategorien zugeordnet. Am häufigsten treten Leckagen an Fenster- und Türanschlüssen, der Gebäudehülle und elektrischen Anlagen auf. Als besonders kritisch haben sich Leckagen am Wand-Boden-Anschluss und abgehängten Decken herausgestellt.
Üben macht den (Luftdichtheits-)Meister
Luftdichtheit herzustellen ist ein Handwerk, das gelernt sein will. Deshalb hat der FLiB einen Qualifizierungslehrgang „Luftdichtes Abdichten im Ausbau“ erarbeitet, wie Wilfried Walther berichtete. Dieses Konzept wird Seminarveranstaltern (gegen Gebühr) angeboten und umfasst neben der Vermittlung von Grundkenntnissen über Bauphysik, das Luftdichtheitskonzept sowie Kleben und Dichten auch ein Arbeitsmodell mit 1:1-Bauteilen, an denen die Teilnehmer Verklebungen auf Holzwerkstoffplatten und Mineralfaser sowie von Überlappungen, Innenecken und Durchdringungen üben können. Das Modell kann unter Druck mit Theaternebel beaufschlagt werden, um den Erfolg der handwerklichen Ausführung zu kontrollieren und bei Bedarf nachbessern zu können. Das Modell kann vom Teilnehmer an der Schulung als Muster mit nach Hause genommen werden.
Sprühen statt kleben
Interessant war auch der Vortrag von Thomas Runzheimer, der über den Ausgleich von Leckagen in Hallenbädern durch Unterdruckhaltung und dadurch auftretende Schäden an Holzträgern und die Sanierung der Luftdichtheit berichtete. Einen ausführlichen Artikel zu dieser Problematik und den erarbeiteten Lösungsvorschlägen finden Sie in „B+B Bauen im Bestand“ 3/2021.
Eine flüssige, streich- und sprühbare Luftdichtung spielte bei der Sanierung der Luftdichtheit im beschriebenen Hallenbad eine wichtige Rolle. Daher passte es gut, dass Michael Förster von Moll Proclima zu dieser Produktgruppe noch weitere Informationen beisteuerte. Die auch als Sprühabdichtung bezeichneten Produkte sind hochelastisch, können auch Fugen überbrücken und Bauteilbewegungen aufnehmen. Sie halten auf allen bauüblichen Untergründen wie Holz und mineralischen Baustoffen, die nicht abweisend eingestellt sind. Aufgebracht werden können Sie zum Beispiel mit einem speziellen Applikator oder gerade für größere Flächen auch mit Airless-Spritztechnik. Für größere Fugen stehen zusätzlich Verstärkungsvliese oder für Details Manschetten zur Verfügung. Bei Fensteranschlüssen können sie als Alternative zu Klebebändern eingesetzt werden, da das Material als Polymerkomposit schlagregendicht ist. Gerade bei geometrisch schwierigen Anschlussstellen wie zum Beispiel metallische Anschlusswinkel bietet diese Produktgruppe handwerkliche und wirtschaftliche Vorteile.
Schlussmessung kann baubegleitende Messung nicht ersetzen

Warum ihm die Leckagesuche im Rahmen der Schlussmessung nach GEG Bauchgrummeln verursacht, erläuterte Dr. Klaus Vogel. Der Zeitpunkt für die Schlussmessung soll danach zu einem möglichst frühen Zeitpunkt liegen, damit eventuelle Leckagen noch nachgebessert werden können. Große Lecks sind dabei zu prüfen und ausführlich zu beschreiben.
Hier liegen laut Vogel verschiedene Widersprüche vor. Zum einen kann nach DIN EN ISO 9972 die Schlussmessung erst durchgeführt werden, wenn die Luftdichtheit der Gebäudehülle inklusive aller Durchdringungen fertiggestellt ist. Zum anderen werden bei der Schlussmessung vor allem sekundäre Leckagen bemerkt, da die ursächlichen primären Leckagen nicht mehr frei zugänglich sind.
Außerdem kann die Schlussmessung die baubegleitende Messung zur Qualitätssicherung zum frühzeitigen Aufspüren von Leckagen nicht ersetzen. Für diese ist der Sachverständige gefordert, die Messzeitpunkte festzulegen, damit die luftdichte Schicht tatsächlich noch frei zugänglich ist und nachgebessert werden kann. Die Beschreibung der Leckagen bei der Schlussmessung dient nicht der Lecksuche, sondern der Plausibilitätsprüfung und der Qualitätssicherung der Messung.
Luftdichtheit ist eine Verwendungseigenschaft
Aus juristischer Sicht näherte sich Rechtsanwalt Ulf Köpcke dem Thema Leckagen, vor allem im Hinblick auf den Mangelbegriff und der sogenannten hinzunehmenden Unregelmäßigkeit. Letztere komme laut Köpcke bei der Luftdichtheit nicht zur Anwendung, da diese keinen optischen Mangel darstelle, sondern eine Verwendungseigenschaft. Es gehe also um die dauerhafte Gebrauchstauglichkeit der Werkleistung (keine Feuchteschäden, kein unkontrollierter Wärmeverlust, Wohnbehaglichkeit), so dass auch die versuchte Abwehr der Mangelbeseitigungsforderung wegen unverhältnismäßigem Aufwand hier nicht greifen könne. Auch der Toleranzbegriff mache bei Luftdichtheit keinen Sinn.
Auch Hochhäuser lassen sich messen
Der zweite Veranstaltungstag bot viele Vorträge zu speziellen Problemen der Blower-Door-Messung, zum Beispiel der Messung in Hochhäusern. Hierzu stellte Søren Peper vom Passivhausinstitut einen Vorschlag zum Nulldruckniveau bei Hochhausmessungen vor. Der Hintergrund: Bei Hochhäusern ist die Anforderung der Norm ISO 9972 zur Messung des Nulldrucks mit den absoluten Beträgen vor und nach der Messung mit < 5 Pa in der Regel nicht einzuhalten. Laut Peper zeigen aber Praxiserfahrungen, dass die bisherige Norm-Vorschrift einer Mittelung der positiven und negativen Werte sowie die Beschränkung des Betrags auf maximal fünf Pascal sinngemäß beibehalten werden kann, wenn man sich statt auf den absoluten Nullpunkt auf die Abweichung vom jeweiligen Mittelwert bezieht. Auf jeden Fall sollte der Nulldruck in mindestens drei der vier Himmelsrichtungen gemessen und gemittelt werden sowie eine Über- und eine Unterdruckmessung durchgeführt werden. Durch die Mittelung falle der Fehler dann relativ gering aus. Weitere Informationen zu dieser Messaufgabe bietet der Leitfaden „Luftdichtheits-Messung von Hochhäusern“ des Passivhausinstituts.
Dezentrale Lüftungsgeräte sind windanfällig
Über eigene Versuche zum Windeinfluss auf dezentrale Lüftungsgeräte berichtete Oliver Solcher. Die Versuche zeigen, dass diese Umschaltlüftungseinheiten mit Axialventilatoren sehr windanfällig sind. In den Versuchen ging der Volumenstrom durch Wind teilweise auf 0 zurück. Solcher empfahl deshalb auch, den in der Prüfnorm DIN EN 13141-8 vorgeschriebenen Prüfdruck von 20 Pa auf 60 Pa zu erhöhen, um für die Geräte realistischere Bedingungen zu simulieren.
Luftdichtheit bei Steildachsanierung von außen herstellen
Wie man bei der Sanierung von Steildächern die Luftdichtheit von außen herstellen kann, berichtete Robert Borsch-Laaks. Er stellte drei Varianten vor. Die erste ist die schlaufenförmige Verlegung einer luftdichtenden Sanierungsdampfbremse. Sie ist zurzeit die einzige in der DIN 4108-3 verzeichnete Ausführungsart. Aber, wie Borsch-Laaks an vielen Beispielen anschaulich zeigte, bei alten Dächern ist sie durch die Berg- und Talverlegung der Bahn über die Sparren sowie in den Details und Anschlüssen nur sehr schwierig handwerklich auszuführen.
Sicherer ist nach ihm Lösung 2: Hier werden die Gefache zwischen den Tragbalken voll gedämmt, zum Beispiel mit Zellusose, und erst darauf, also auf der kalten Seite, die luft- und winddichte, diffusionsoffene Unterspannbahn verlegt. Darüber wird eine weitere diffusionsoffene Aufdachdämmung angeordnet. Borsch-Laaks wies darauf hin, die Bahn sorgfältig zu verkleben, die Überlappungen mechanisch zu sichern und er stellte verschiedene sichere Anschlusslösungen für den Dachrand und andere Nachbarbauteile vor.
Die dritte Lösung hat einen ähnlichen Aufbau, die Bahn wird aber mit PU-Hartschaum statt einer Holzfaserdämmung überdämmt. Der Wärmeleitwiderstand der jeweiligen Aufdachdämmungen ist so zu dimensionieren, dass kritische Feuchtezustände an der Grenzschicht zwischen der Zwischensparrendämmung und der Luftdichtheitsbahn auch dann vermieden werden, wenn die alte Innenbekleidung sehr luftdurchlässig ist oder keine Dampfbremse aufweist. Dann funktionieren diese Systeme bauphysikalisch einwandfrei. Borsch-Laaks wies darauf hin, dass derzeit daran gearbeitet werde, diese Lösungen als nachweisfreie Varianten ebenfalls in die DIN 4108-3 aufzunehmen. Welche Themen darüber hinaus noch behandelt wurden, können Sie dem Programm auf www.buildair.eu entnehmen.
Michael Henke