Jedes Jahr fallen in Deutschland rund 250 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an. Das sind etwa 60 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland. (Quelle: Markus Vogelbache / pixelio.de)

Betrieb 20. May 2021 Baustoff-Recycling: Einheitliche Regeln beschlossen

Die Bundesregierung hat eine Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz beschlossen, die deutschlandweit gültige Vorgaben für den Einsatz mineralischer Abfälle wie Bauschutt, Schlacken oder Gleisschotter enthält. Von mehreren Verbänden der Baubranche wurde die neue Verordnung als reine Absichtserklärung kritisiert.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze betonte die Bedeutung des Recycling von Bau- und Abbruchabfällen, vor allem in mineralischen Bauabfällen stecke ein enormes Recycling-Potenzial: „Angesichts des aktuellen Materialmangels auf dem Bau kommt Ersatzbaustoffen eine besondere Bedeutung zu. Werden Ersatzbaustoffe beim Neubau von Straßen, beim Dämmen und im Hochbau eingesetzt, sparen wir große Mengen Primärbaustoffe und schonen natürliche Ressourcen.“ Durch die Mantelverordnung gelten für das Recycling von Baustoffen und die Beseitigung von Schadstoffen künftig bundesweit einheitliche Regeln, so Schulze weiter. „Derzeit hat jedes der 16 Bundesländer eigene Regeln für den Umgang mit Bau- und Abbruchabfällen. Nach mehr als 15 Jahren Arbeit an dieser Neuregelung kann es nun gelingen, diesen Flickenteppich durch ein einheitliches Regelwerk zu ersetzen.“

Jedes Jahr fallen in Deutschland rund 250 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an. Das sind etwa 60 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland. Gleichzeitig können etwa 90 Prozent der mineralischen Abfälle wiederverwendet werden. So kommen mineralische Ersatzbaustoffe schon heute an vielen Stellen zum Einsatz: beim Bau von Straßen, Bahnstrecken, befestigten Flächen, Leitungsgräben, Lärm- und Sichtschutzwällen oder auch im Hochbau als Recycling-Beton. Dennoch sei es wichtig, das hochwertige Recycling von Baustoffen weiter zu fördern, um die Akzeptanz von qualitätsgesicherten Ersatzbaustoffen zu stärken.

Die Mantelverordnung umfasst verschiedene Rechtstexte: eine neu eingeführte Ersatzbaustoffverordnung sowie die Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung. Außerdem werden die Deponieverordnung und die Gewerbeabfallverordnung angepasst. Um die Nachfrage nach Ersatzbaustoffen zu stärken und rechtsverbindliche Qualitätsstandards bundesweit zu vereinheitlichen, führt die Bundesregierung eine neu in der Mantelverordnung enthaltene Ersatzbaustoffverordnung ein. Sie legt erstmals die nötigen Standards für die Herstellung und Verwertung mineralischer Ersatzbaustoffe für ganz Deutschland einheitlich fest. Private und öffentliche Bauherren, die bisher von den unterschiedlichen Regelungen abgeschreckt waren, können nun qualitätsgeprüfte Ersatzbaustoffe einfach und rechtssicher verwenden. So sollen künftig in Deutschland häufiger recycelte Baustoffe zum Einsatz kommen. Die Mantelverordnung muss noch den Bundestag passieren und vom Bundesrat verabschiedet werden. Zwei Jahre nach ihrer Verkündung tritt sie in Kraft tritt.

Bauverbände kritisieren Mantelverordnung

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) und der Deutsche Abbruchverband (DA) bezeichneten die Mantelverordnung als bloße Absichtserklärung. Sie werden nicht zu einer maßgeblichen Steigerung des Recyclings von Bau- und Abbruchabfällen führen. Die Spezialregelungen der Mantelverordnung über die Verwertung von mineralischen Abfällen aus der Metallindustrie und aus Kraftwerken, wie Schlacken aus Hochöfen und Stahlwerken, Gießereirestsand und Hausmüllverbrennungsaschen seien für die Baupraxis sekundär. Wirklich relevante Stoffströme seien Bodenaushub und mineralische Bau-Abfälle. Hierauf habe man wiederholt hingewiesen.

„Es ist bedauerlich, dass die Mantelverordnung nicht primär auf praktikable Regelungen für die Verwertung mineralischer Bau-Abfälle ausgerichtet ist, zumal die Verordnung nahezu jede künftige Straßenbaumaßnahme betreffen wird“, so René Hagemann-Miksits, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Bauindustrie. Aufgrund der Komplexität der Ersatzbaustoffverordnung habe er nach wie vor Zweifel, ob die Verordnung die Realität widerspiegelt und rechtssicher umsetzbar sei. Teurer werde die Entsorgung im Straßen- und Schienenwegebau auf jeden Fall. „Die Bauverwaltungen des Bundes und der Länder, sowie die Deutsche Bahn müssen vor Auftragsvergabe die höheren Entsorgungskosten einkalkulieren“, so Hagemann-Miksits.

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des ZDB, wies darauf hin, dass es für gütegesicherte Abfälle zur Verwertung keine Akzeptanz gebe. Damit diese sich auf dem Markt gegen Primärmaterial durchsetzen können, müssten mineralische Bauabfälle nach gütegesicherter Aufbereitung vom Stigma der Abfalleigenschaft befreit werden. „Qualitätsgesicherte Recycling-Baustoffe sind hochwertige Baustoffe und kein minderwertiger Abfall“, so Pakleppa. Obwohl sich die Bauministerkonferenz für die Aufnahme von Kriterien zum Erreichen des Abfallendes für mineralische Ersatzbaustoffe eingesetzt habe, fanden die notwendigen Regelungen keinen Eingang in die Verordnung. Pakleppa forderte deshalb eine „Nachjustierung“ spätestens mit der nächsten Novellierung.

Andreas Pocha, Geschäftsführer des DA, betonte, dass derzeit rund 90 Prozent der mineralischen Bauabfälle im Sinne der Ressourcenschonung durch Aufbereitung und Baustoff-Recycling weitgehend im Stoffkreislauf gehalten werden. „Wir streben weiterhin eine hohe Verwertungsquote an “, so Pocha. „Das allein reicht aber nicht. Der Markt muss viel attraktiver für qualitätsgesicherte Recyclingbaustoffe werden. Unsere Unternehmen stehen bereit, eine steigende Nachfrage zu bedienen. Die politischen Voraussetzungen für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft im Bau müssen zukunftsfähig ausgestaltet werden. Die Regelungen der Mantelverordnung lassen noch viel Luft nach oben.“

Die Vertreter aller drei Spitzenverbände forderten den Deutschen Bundestag dazu auf, Regelungsaufträge zum einheitlichen Probenahme- und Analyseverfahren, zur Abfallende-Regelung sowie für eine Bund-Länder-Deponiestrategie in einem Entschließungsantrag zu formulieren. Bei Fehlentwicklungen wie ungeplanten Stoffstromverschiebungen in Richtung Deponierung, die zu einer weiteren Zuspitzung der Entsorgungssituation verbunden mit erheblichen Kostensteigerungen am Bau führen, müsse die Politik sofort korrigierend eingreifen, so die drei Verbände.

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zuletzt editiert am 20.05.2021