Ein weitläufiger Tagebau mit mehreren Erdschichten und schwerem Gerät, umgeben von Bäumen und blauem Himmel.
Vor dem Hintergrund des beschlossenen Kohleausstiegs ist der Studie nach mit einem deutlichen Anstieg bei der Primärgewinnung von Gips- und Anhydritstein zu rechnen. (Quelle: BKRI/Bianca Richter)

Bauwerkserhaltung 2025-06-26T08:03:08.603Z Gipsversorgung in Gefahr

Laut einer Studie des Bundesverbands Baustoffe – Steine und Erden e.V. (BBS) führen Kohleausstieg und begrenzte Recyclingmöglichkeiten schon bald zu erheblichen Engpässen bei der Gipsversorgung.

Im Rahmen der „Rohstoffnachfrage 2045 – Ressourcen sichern, Zukunft bauen“ – Perspektiven für mineralische Primär- und Sekundärrohstoffe“ analysiert der BBS die künftige Versorgung Deutschlands mit mineralischen Rohstoffen. Vor dem Hintergrund, dass spätestens 2038 das letzte Kohlekraftwerk vom Netz geht und damit kein REA-Gips mehr zur Verfügung steht, rückt dabei insbesondere der Rohstoff Gips – sowohl in Form von Naturgips (Gips- und Anhydritstein) als auch als industriell erzeugter REA-Gips – in den Fokus.

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 5,8 Millionen Tonnen Gips- und Anhydritstein gewonnen. Hinzu kamen 5,1 Millionen Tonnen REA-Gips, der ein Nebenprodukt der Rauchgasentschwefelung in Kohlekraftwerken und chemisch identisch mit Naturgips ist. Dies macht etwa 43 Prozent der gesamten deutschen Gipsproduktion aus. Beide Rohstoffe werden vor allem in der Herstellung von Bauprodukten wie Putzen, Spachteln, Mörteln sowie in der Zementindustrie eingesetzt.

Mit dem beschlossenen Kohleausstieg wird der Anteil von REA-Gips den Berechnungen nach jedoch kontinuierlich zurückgehen und ab 2038 vollständig entfallen. Schon für 2030 wird mit einer Halbierung der derzeit zur Verfügung stehenden Menge gerechnet. Die REA-Gips Mengen werden dann voraussichtlich auf 2,9 Millionen Tonnen sinken. Für 2035 geht die Studie sogar von nur noch mit 1,7 Millionen Tonnen aus.

„REA-Gips kann nur teilweise durch Recyclinggips, verringerte Exporte und den verstärkten Abbau von Naturgips kompensiert werden. Der Wegfall von Rea-Gips ist eine Herausforderung für die Baustoffindustrie“, warnt Dipl.-Ing. Holger Ortleb, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Gipsindustrie und der Forschungsvereinigung der Gipsindustrie.

Die Studie prognostiziert daher einen deutlichen Anstieg bei der Primärgewinnung von Gips- und Anhydritstein:

  • Bei positiver wirtschaftlicher Entwicklung steigt der Bedarf bis 2045 auf 8,8 Millionen Tonnen. Das entspricht einem Plus von 51,7 Prozent gegenüber 2022.
  • Bei schwächerer Konjunktur wird immerhin noch ein Anstieg auf 7,7 Millionen Tonnen und damit eine Steigerung um 32,8 Prozent gegenüber 2022 erwartet.

„Diese Entwicklung und vor allem die unter anderem substanziell notwendigen Eigenschaften hinsichtlich des Schall- und Brandschutzes machen deutlich: Gipsprodukte sind und bleiben ein unverzichtbarer Baustoff“, betont Holger Ortleb. „Vor dem Hintergrund des geplanten Sondervermögens für Infrastruktur ist damit zu rechnen, dass die Nachfrage in Zukunft eher steigen wird“, so Ortleb weiter. „Der Bedarf an Wohnraum ist unvermindert hoch!“ Ortleb verweist darauf, dass die Möglichkeiten zur Wiederverwertung von Gips eingeschränkt sind: „Zum einen sind die Recycling-Mengen grundsätzlich nicht groß genug, so dass nur ein geringer Bedarf gedeckt werden kann. Zum anderen werden die vorhandenen geringen Mengen an recyclingfähigem Material durch einen wachsenden Anteil von Bauen im Bestand weiter reduziert.“

Der BBS fordert angesichts dieser Herausforderungen politische Maßnahmen zur Sicherung der langfristigen Rohstoffversorgung. In einem vom Verband beauftragten Rechtsgutachten mit dem Titel „Bürokratieabbau in der Rohstoffgewinnung“ schlägt Prof. Dr. Walter Frenz, Maître en Droit Public, RWTH Aachen, unter anderem vor, den Rohstoffabbau als „überragendes öffentliches Interesse“ einzustufen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und insgesamt den Abbau und das Recycling von Rohstoffen effizienter und unbürokratischer zu gestalten. Interessenten finden die Studie und weitere Informationen auf der Website des BBS.

zuletzt editiert am 26. Juni 2025